Stadtmuseum. | Bundesstadt Bonn
Im Stadtmuseum Bonn wird Bonner Stadtgeschichte lebendig: In der Franziskanerstraße 9 können Besucherinnen und Besucher die Entwicklung Bonns von der Römersiedlung bis heute nachvollziehen.
In seiner Dependance, dem Ernst-Moritz-Arndt-Haus, zeigt das Stadtmuseum seit fast 30 Jahren Sonderausstellungen zu kulturhistorischen Themen.
Vom 15. Juni bis 29. September 2019 ist hier die Ausstellung „On tour. Clara Schumann als Konzertvirtuosin auf den Bühnen Europas.“ zu sehen.
LiedweltLinks
Homepage
Heimat Europa?
Ein brandaktuelles, facettenreiches und fragmentarisches Mosaik
Liederabend im Rahmen der Kölner Themenwoche 2019 „Europa“: Kulturelle Identität als Fragment im Kunst- und Volkslied Europas
Insgesamt sechs Sängerinnen und Sänger und fünf Pianistinnen und aus der Liedakademie der Hochschule für Musik und Tanz Köln gestalteten am 10. April 2019 unter der künstlerischen Leitung von Prof. Ulrich Eisenlohr in der Trinitatiskirche Köln ein spannendes Programm zum Thema „Heimat Europa?“ Die Formulierung des Titels als Frage könnte angesichts der derzeitigen Situation Europas in Zeiten des Brexits, der anhaltenden Migrationsströme aus Krisengebieten und des beunruhigend wachsenden Rechtspopulismus aktueller nicht sein. Die Studierenden der Liedakademie musizierten auf hohem künstlerischem Niveau Lieder, die zur Nachforschung hinsichtlich der kulturellen Identität Europas anregen.
Den Einstieg gaben im ersten Themenblock Vertonungen romantischer Komponisten aus der Gedichtsammlung Johann Gottfried Herders „Stimmen der Völker in Liedern“. Herders zu seiner Zeit extrem einflussreiche Gedichtsammlung bietet einen breiten Schatz an Volksliedern aus ganz Europa: Sagen, Liebesgedichte und Referenzen auf politische Ereignisse wie zum Beispiel das „Lied der Königin Elisabeth“ geben Einblicke in die kulturelle Geschichte Europas und seine kulturelle Identität. Hedwig Ritter (Sopran), Tabea Mahler (Mezzosopran), Vincent Debus (Tenor) und Frederik Schauhoff (Bariton) gestalteten gemeinsam mit Yuhao Guo (mit perlendem Klang am Klavier) Lieder von Johannes Brahms und Carl Loewe.
Hölderlin und Hollywood
Tabea Mahler und Lisa Ochsendorf am Klavier interpretieren entschieden und vermitteln das auch in der Tonsprache fragmentarisch von der Zwölftonmusik bis zum Jazz changierende Werk eindrücklich.
Der Wanderer – immer im Kunstlied präsent
Nun wendet sich das Programm der Figur des Wanderers zu, eine Figur die im romantischen Kunstlied einen großen Platz einnimmt, denkt man zum Beispiel an die Winterreise von Schubert.
Die Figur des Wanderers, des Heimatlosen bleibt auch in heutigen Zeiten der Migration hochaktuell. Hedwig Ritter, Frederik Schauhoff und Ayaka Kodoi musizieren mit klarem Klang Lieder von Schubert, Schumann und Brahms, die sich verschiedenen Facetten des Wandererdaseins zuwenden: keine Heimat finden („Der Wanderer“/Schubert), die Wut über Einsamkeit und Heimatlosigkeit („Kein Haus, keine Heimat“/Brahms), die Sehnsucht, endlich nach Hause zu kommen („Mondnacht“/Schumann) und schließlich als Fragment aus dem vorhergegangenen Themenblock: Erinnerung an die Heimat „Erinnerung an Schumann und Eichendorff“/ Eisler.
Kosmopoliten und Weltenbürger
Julie Verkauteren (Sopran) und Ani Ter-Martirosyan am Klavier gestalten elaboriert, mit Witz und starker Ausdruckskraft im nun folgenden Block „Kosmopoliten“ die Lieder „ Six Poèmes de Guillaume Apollinaire“ von Arthur Honegger. Apollinaire war selbst polnisch-italienischer Abstammung und lebte den größten Teil seines Lebens in Frankreich – ein Weltenbürger, Europäer und Europareisender wie er im Buche steht. Beide – Honegger als Teil der Groupe des Six, Apollinaire in seinen Freundschaften zum Beispiel mit Picasso – waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Teil des aktiven Pariser Kunstlebens der Moderne, Surrealismus und Dadaismus entstehen, die europäische Kunst floriert vor dem Beginn des ersten Weltkrieges – ein Exkurs in eine Zeit, in der der Titel des Programmes vielleicht nicht mit einem Fragezeichen versehen werden musste.
Zum Abschluss des Konzertes musizieren Rina Hirayama (Mezzosporan) und Wan-Yen Li (Klavier) die „Quattro canzoni popolari“ des italienischen Avantgardisten Luciano Berio. Es schließt sich der Kreis zum Anfang des Konzertes, denn Berios Lieder sind Volkslieder „canzoni popolari“, in den letzten Kriegsjahren des zweiten Weltkrieges vertonte Texte aus dem 12. – 14. Jahrhundert. Und da ist es wieder, das Fragment der europäischen Tradition, des Volksliedes, das uns bis heute beschäftigt und Luciano Berio zu einem kraftvollen Werk mit eklektischer Tonsprache inspirierte! Rina Hirayama und Wan-Yen Li entlassen uns mit energiegeladener Ausführung in unsere eigenen Gedanken.
Europäische Identität bleibt ein Mosaik
Die Erfahrung der europäischen Identität bleibt die Erfahrung eines Mosaiks, facettenreich und fragmentarisch. Als Zuhörer des Konzertes erfahren wir etwas über die Vielfältigkeit dieser Fragmente, Mosaikstücke in Form von Liedern und Volksliedern unterschiedlichster Nationen und unterschiedlicher Epochen, die als Ganzes ein Bild Europas ergeben. Wir erfahren als Zuhörer, dass die Lieder nichts an Aktualität eingebüßt haben und auch, dass zum Fragmentarischen der kulturellen Erfahrung Europas aus unserer heutigen Perspektive andere Bedeutungen hinzukommen. So denkt man beispielsweise beim Vortrag des von Johannes Brahms romantisch vertonen Liedes „Die Meere“ aus Herders Gedichtsammlung unwillkürlich an die von vielen europäischen Staaten auf den europäischen Meeren vergessenen und abgewiesenen Flüchtlinge- Wanderer im heutigen Sinne.
Wie können sie, die ihre Heimat verlassen mussten, in Europa eine neue Heimat finden? Wie können die in Europa aufgewachsenen Europäer Europa als Heimat empfinden und im Angesicht von Brexit und wachsendem Rechtspopulismus den europäischen Gedanken der Einheit unterschiedlichster Völker weitertragen?
Die ersten zwei Stücke des Programms „Wege der Liebe“ (1. und 2. Teil) von Johannes Brahms könnten uns hierzu eine Antwort geben. Hier wird der Gott der Liebe Amor als ein Flüchtling besungen, der trotz Widrigkeiten doch immer einen Weg und eine Heimat findet. Hoffen wir, dass es in Europa in diesem Sinne weitergehen kann.
Bericht: Milena Knauss (20.4.2019)
Photos © Milena Knauss
Interview mit Liedduo Heinzen-Mead
“Die Miniatur-Spektren eines jeden Liedes, die Direktheit zum Publikum sind für uns eine unglaubliche Bereicherung” –
Mit dem LiedDuo sprach Heike Paulsen im Frühsommer 2018
Das Lied-Duo Heinzen Mead über Ihre Zusammenarbeit und Projekte.
„Die Miniatur-Spektren eines jeden Liedes, die Direktheit zum Publikum sind für uns eine unglaubliche Bereicherung“ – Heike Paulsen sprach für die Liedwelt Rheinland mit den Liedduo Heinzen-Mead.
An diesem windigen Rosenmontag habe ich das Glück, gleich zwei außerordentliche junge Künstler in einem ihrer Stammcafés in Düsseldorf zu treffen: Franziska Heinzen und Benjamin Mead. Anlässe sind zahlreiche vorhanden – zum einen das April-Konzert der Reihe „Im Zentrum Lied“ in Köln mit dem die Liedwelt Rheinland auch den diesjährigen Liedsommer eröffnet und zum zweiten der geplanten Konzerte zu Clara Schumanns 200tem Geburtstag.
„Klangspektren“ widmet sich dem modernen und zeitgenössischem Liedgut. Worauf können wir uns an diesem 24. April in Köln freuen?
Wir haben ein Programm zusammengestellt, das seinen äußeren Rahmen durch den Schwerpunkt auf das Liedgut des 20. und 21. Jahrhunderts erhält. Dieses – eher ungewohnte – Repertoire soll keinesfalls abschrecken, sondern vielmehr neugierig machen: Denn sprechen wir einerseits von Komponisten, die wie Arnold Schönberg und Richard Strauss noch die Höhen und Tiefen der Tonalität in ihrem gesamten Spektrum ausloteten, andererseits von unseren Zeitgenossen Manuela Kerer, Moritz Eggert, Alexander Muno und Wolfgang Rihm, die hundert Jahre danach das Kunstlied in der klassischen Kombination von Klavier und Gesang immer noch weiterentwickeln.
Das klingt ungemein interessant! Wie kam es zu diesem Projekt?
Unser Preis als Sieger des internationalen Liedduowettbewerbs Lied&Lyrik Rhein-Ruhr 2017 in Ratingen war mit einer Einladung in die Konzertreihe „Im Zentrum Lied“ verbunden und mit der schönen Auflage seitens der künstlerischen Leiterin Ingrid Schmidthüsen, genau solch einen spannenden Liederabend zusammenzustellen. Wir haben so die Möglichkeit genutzt, Lied-Zyklen, die uns schon länger begleiten, wie die Ophelia-Lieder von Wolfgang Rihm und Richard Strauss mit anderen, speziell für dieses Projekt ausgesuchten Stücken zu verbinden, wie beispielsweise die 4 Cleopatra-Charakteren von Alexander Muno.
Uns erwartet mehrheitlich Shakespeare?
Nicht so sehr Shakespeare, sondern die starken Frauengestalten, denen er und auch andere Dichter künstlerische Denkmäler gesetzt haben: Das Lied eröffnet ja in ganz intimer Weise die Möglichkeit, Emotionen zu verdichten und auszudrücken, und wir möchten das Publikum auf diese ganz besondere Reise durch die Jahrhunderte mitnehmen und das Spektrum der inneren menschlichen Erlebenswelten ausloten.
Es ist bei weitem nicht Ihr erstes gemeinsames Projekt?
Nein, seit wir vor etwa fünf Jahren erstmals zusammen musiziert haben – damals noch als Studierende an der Düsseldorfer Robert Schumann Hochschule – haben wir sehr viel und unterschiedliches Repertoire zusammen erarbeitet sowie mit Konzertkonzeptionen experimentiert. Aus dieser Zeit stammt auch die Zuneigung zur literarischen Frauengestalt der Mignon aus Goethes Wilhelm Meister, der wir am Konzertabend – allerdings in der Schubert Vertonung – ein Denkmal setzen werden. In den vergangenen Jahren ist zwischen uns eine künstlerische Verbundenheit erwachsen, die in der Form nicht selbstverständlich ist: Es muss gerade in der Kammermusik, beziehungsweise im Liedduo zwischenmenschlich, musikalisch, aber auch in der Vorstellung, wie viel Zeit dafür investiert wird, übereinstimmen. Die Liedkunst bietet gerade neben Oratorien oder Opern eine individuelle Gestaltungsfreiheit; die Miniatur-Spektren eines jeden Liedes, die Direktheit zum Publikum sind eine unglaubliche Bereicherung. Und natürlich freuen wir uns, dass unser Musizieren und unsere Programmation Anklang findet: Beim Rhonefestival in der Schweiz und auch beim Schumannfest Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Liedsommer Rheinland dürfen wir dieses Jahr einen weiteren Liederabend präsentieren, der sich anlässlich des 200. Geburtstages von Clara Schumann ausschließlich Werken von Komponistinnen – 20 an der Zahl – widmen wird.
Das in Ihrer Heimat gegründete Rhonefestival für Liedkunst findet in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal statt, Frau Heinzen?
Die erste Edition war ein sehr schöner Erfolg, der ermutigte, weiterzugehen. Ich denke, die Mischung zwischen Konzerten im wunderbaren Rittersaal des örtlichen Barockschlosses sowie ein buchstäbliches Zugehen auf das Publikum durch open air-Konzerte an ungewöhnlichen Orten oder das Lied in neuen Formaten ist sehr ansprechend: Wir möchten die Menschen mitnehmen, zeigen, dass das Lied mit den Komponenten Musik und Literatur mit seinen großen und tiefen Emotionen Teil eines jeden Menschen ist. Und in diesem Sinne keine Kunst auf einem Sockel. Und ich denke, dass sich nicht nur Schubert sehr darüber gefreut hätte, zu sehen, wie sich plötzlich ein Publikum neben der rauschenden Rhone mit einem Glas Wein zu Liedern versammelt!
Herr Mead, ebenso wie Frau Heinzen sind Sie in den letzten Jahren viel unterwegs – es ist ein Glücksfall, zwei Kosmopoliten wie Sie heute beide hier in Düsseldorf, Ihrer früheren Wirkungsstätte, gemeinsam zu treffen.
Ja, seit vergangenem Jahr studiere ich an der Royal Academy of Music „Piano Accompaniment“, das heißt Kammermusik und Liedgestaltung. Der Studiengang bietet mir eine hervorragende Möglichkeit, mein Repertoire als Klavierpartner intensiv auszubauen. Gleichzeitig ist es spannend, in einer Metropole wie London mit all ihren Konzertangeboten und Eindrücken zu leben und das – insbesondere deutsche – Kunstlied, ja den gesamten Musikbetrieb sprichwörtlich von einer anderen Seite zu sehen. Gleichzeitig war es ein persönlicher Wunsch, als in Deutschland aufgewachsener Engländer einem Teil meiner Wurzeln nachzuspüren. Und die Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren bereits gesammelt habe, wirken hier natürlich fort. Jüngst erspielte ich mir den Webb Award für Liedbegleiter – das ist natürlich eine schöne Bestätigung für meinen Entscheid, mich der Liedkunst und Kammermusik zu widmen.
Herzlichen Glückwunsch hierzu und vielen Dank für das Gespräch, Frau Heinzen und Herr Mead!
Interview mit der Stimmschmiede Bonn
Das Instrument Stimme
März 2019
Der Singstimmtag am 11. Mai 2019 gehört mit zum diesjährigen Liedsommer von Liedwelt Rheinland. Viele unterschiedliche Veranstaltungen präsentieren und beleuchten das Kunstlied auf vielfache Weise. Elena Sebening hat mit Mathias Knuth und Fabian Hemmelmann einen Blick hinter die Kulissen der Bonner Stimmschmiede geworfen.
In der Stimmschmiede Bonn dreht sich alles um die Stimme – egal ob Sprechen oder Singen, erfahrene Logopäden und Gesangslehrer geben in Einzel- und Gruppenunterricht wertvolle Tipps. Der Leiter der Stimmschmiede ist Mathias Knuth. Er ist staatlich geprüfter Gesangslehrer, funktionaler Stimmbildner, arbeitet an der Carl-Stamitz-Musikschule in Köln und als Dozent für Stimmbildung an der SRH Fachschule für Logopädie in Bonn.
„Wir stützen uns bei unserer Arbeit auf physiologische Erkenntnisse, nicht nur auf Erfahrung“, sagt der 53-Jährige. Prinzipiell könne man jedem beibringen, besser zu singen. „Nicht aus jedem wird ein Opernsänger, aber eine Verbesserung gesanglichen Leistungsfähigkeit gelingt immer mit ein bisschen Übung“, so der Leiter. Viele, die die Stimmschmiede aufsuchen, singen bereits im Chor und möchten lernen, ihre Stimme stimmschonender einzusetzen. Es kommen aber auch Menschen, die vor Jahrzehnten aus dem Chor geschmissen wurden und nun noch einmal probieren möchten, mehr aus ihrer Stimme rauszuholen. Laut Knuth treffen die meisten intuitiv schon viele Töne. Dann ginge es darum, diese noch angenehmer klingen und die Stimme tragfähiger werden zu lassen. Bereits nach zehn Stunden Training sei es weniger anstrengend, für längere Zeit zu singen. Viele ungeübte Chorsänger hätten sonst nach einem längeren Auftritt oft ein Heiserkeitsgefühl.
Die Stimme ist kein Sprech-Organ
„Auf der anderen Seite gibt es Sänger, die können sechs Stunden Wagner singen und schaffen das relativ problemlos“, so Knuth. Dazu seien bestimmte Atmungstechniken und Körperspannung von Nöten – weder zu schlaff noch zu verspannt sollte der Sänger sein. „Die Stimmlippen sind ein Ventil für einströmende Luft und eigentlich nicht primär für das Sprechen oder Singen gemacht. Das ist anders als das Herz, was als primäre Aufgabe das Pumpen von Blut hat.“ Bei der Phonation nutzen wir also den Kehlkopf in einer sekundären Funktion zur Tonerzeugung. Wenn das nicht auf eine gute Weise gelingt entstehen Probleme bei der Tonerzeugung.
Nicht nur Sänger hätten das Problem mit der Überanstrengung, sondern auch viele Lehrer und Erzieher. „An Universitäten wird dem oft keine Aufmerksamkeit geschenkt. In anderen Ländern wird sogar vor Beginn des Studiums die Stimme der Pädagogen getestet.“ Knuth selbst bekam mit 16 Jahren seinen ersten Gesangsunterricht. Seine Eltern waren beide Hobbymusiker und Chormitglieder, beide spielten mehrere Instrumente.
Die Einheit aus Stimmung, Stimme und Mensch
Beim Singstimmtag am 11. Mai möchten Mathias Knuth und sein Team weitere Menschen für das Singen begeistern und ihre Arbeit vorstellen. „Das Schöne ist, wenn man die ersten Erfolge sieht und hört – und sich eine Einheit aus Stimmung, Stimme und Mensch bildet.“ Die Erfahrungen würden außerdem weit ins Leben hinein reichen: „Die meisten berichten von einem erfüllenden Erlebnis und guter Laune nach dem Singen.“ Das Wichtigste sei nach wie vor auch der Spaß. „Singen ist ein intensives körperliches Gefühl. Es kann regelrecht berauschend wirken“, findet Mathias Knuth.
Im Jahr 2013 eröffnete er die Stimmschmiede. „Ich hatte immer mehr Anfragen und konnte nicht alle Interessenten allein unterrichten, also habe ich mir weitere Lehrerinnen und Lehrer mit ins Boot geholt.“ Einer davon ist Fabian Hemmelmann. Er leitet das Konzert des Madrigal-Ensembles und der Brahms Quartette mit Teilnehmern seines Ensembleprojekts am Singstimmtag. Gleich ein Wochenende darauf am 18. und 19. Mai gibt es Konzerte mit seinem Kammerchor Voci di Fuoco in der Lutherkirche Bonn und der Zentrifuge Bad Godesberg mit den Liebes-Liederwalzern und weiteren Werken von Johannes Brahms. Hemmelmann studierte bei Prof. Thomas Quasthoff und bei Prof. Klesie Kelly-Moog. Er arbeitet als Lied- und Oratoriensänger und ist Gründungsmitglied der Kölner Vokalsolisten. Als Gesangspädagoge bereitet er auch Nachwuchssänger auf das Studium vor und veranstaltet Liedinterpretationskurse in Köln.
Bei seinem Ensemble Voci di Fuoco sei die Besonderheit, dass er viel mit solistischen Besetzungen arbeitet. „Die Sänger müssen aufeinander hören und gemeinsam singen, so entwickelt sich ein Chor gemeinsam.“ Das Madrigal-Ensemble präsentiert bei seinem Auftritt den Zyklus „Sestina“ von Monteverdi. Sowohl in Einzeleinheiten als auch in Chorprojekten arbeitet er mit Teilnehmern an ihrer Stimme.
Das Lied: lyrisch und atmosphärisch
„Nicht alles muss perfekt sein, Amateure sollen sich ausprobieren können und für viele ist der erste Auftritt bereits ein riesen Schritt, aber stets mit großem Entwicklungspotenzial“, findet Fabian Hemmelmann. Wichtig sei bei gemeinsamen Auftritten, dass Stimmen, die gleichzeitig singen, auch harmonieren. „Manche ergänzen sich, manche passen zusammen, andere nehmen sich gegenseitig die Wirkung.“ Die gemeinschaftliche Erfahrung steht für den Gesangslehrer immer im Vordergrund. „Es macht mir unglaublich viel Spaß zu Singen.“ Das Lied als Kunstform fasziniert und begleitet ihn seit Jahren: „Dabei lernt man die eigene Stimme kennen, es ist atmosphärisch und gibt auch dem Zuschauer etwas mit“, findet er. Ein weiteres großes Thema beim Lied sei der Text, den es zu verstehen und interpretieren gilt. Die Verbindung aus zeitgenössischen und historischen Stücken ist ihm aber nach wie vor wichtig.
Zwischen 9.45 und 18 Uhr wird während des Singstimmtages am 11. Mai 2019 außerdem je 30-minütiger Einzelunterricht für zehn Euro vergünstigt angeboten. Dafür müssen sich Interessierte im Vorhinein unter info@stimmschmiede-bonn.de mit Angabe des gewünschten Zeitfensters anmelden. Gesungen wird in der Stimmschmiede alles von Pop bis Klassik. Ein wichtiger Bestandteil ist das Kunstlied. „Das Lied ist lyrisch und eignet sich besser als Opernarien, bei denen es viel auf die Lautstärke ankommt. Beim Lied wird der lyrische und dramatische Klang erprobt“, erzählt Knuth.
Lieder eignen sich besonders als erste Stücke für Stimmbildungseinsteigerinnen und -einsteiger. Die leichte Stimmführung beim Liedgesang lasse sich auch als Training für die Sprechstimme einsetzen. Ein Chor ist oftmals das Einfallstor und erste Kontakt mit klassischer Musik, besonders für jüngere Menschen. Am Singstimmtag wird es allerdings eine bunte Mischung geben. Jeder Schüler darf singen, was er möchte. Wer seine Singstimme trainiert, absolviert gleichzeitig auch Sprechtraining. „Viele Lehrer haben angestrengte oder angeschlagene Stimmen. Am leichtesten fällt es denjenigen, die bereits im Chor singen“, erklärt Knuth. Für ihn ist klassische Musik ohne das Lied nicht vorstellbar. „Selbst professionelle Opernsänger oder Musicalsänger müssen immer wieder Lieder singen, das ist wichtig für die gesunde Stimme.“
Das Gespräch führte Elena Sebening.
Dreimal Zwei am 6.2.2019
v.l.n.r: Linda Leine, Pia Salome Bohnert, Andreas Durban
Gestern waren drei Liederabende im Kölner Zentrum zu hören, die geballt die Vielgestaltigkeit dieses Genres zeigten.
Ab 15 Uhr gab es zunächst zwei Master-Abschlusskonzerte Liedgestaltung in der Aula der Hochschule, zwei Lieder-Nachmittage also:
Durchwachte Nächte – freundliche Morgen
Gleich im ersten knapp einstündigen Konzert wurde klar wie wichtig doch die Liedgestaltung durch den Partner oder die Partnerin am Klavier ist. Die Absolventin Atsuko Ota bot ein wunderschön durchsichtiges Spiel, dazu ein wahres Kaleidoskop an Farbigkeit in einem klugen Programm, das zahlreiche innere Bezüge spannungsvoll verband. So klangen Klassiker wie „Die junge Nonne“ oder „Der Zwerg“ von Schubert frisch und waren ganz neu gehört. Kongeniale Partner am Stimmband waren für die Absolventin die Sopranistin Anna Christin Sayn, die das Publikum mit ihrer Interpretation von vier Liedern nach Brentano op. 68 von Richard Strauss ebenso begeisterte wie der Bass-Bariton Clarke Ruth, dessen Wolf-Lieder geradezu erschreckend plastisch waren.
Das zahlreich erschienene Pulikum applaudierte begeistert und bereitete sich auf das zweite Konzert vor:
The Sound of Silence
Die Absolventin Emeline Archambaoult hatte ein Konzept rund um den Klassiker von Simon und Garfunkel entwickelt: Dieses innige Lied, das die beiden Sängerinnen Julia Spies und Manon Blanc-Delsalle in perfektem Duo-Sound zelebrierten, sorgte dafür, dass alle mitträumen konnten. Stille auch in der Klassik: Dies korrespondierte mit dem ebenfalls berühmten Pendant „4’33“ von Cage, konzentriert inszeniert mit Pflicht zum Innehalten, und dies musste auch sein, denn die Gruppen, in die sich die restlichen Lieder formierten hatten es in sich!
Das Programm startete mit Schumanns bekanntem „Liederkreis“, in dem der Bariton Benjamin Hewat-Craw die Zuhörerschaft sogleich für sich und das gesamte Konzert komplett einnahm. Die souveräne Meisterin am Klavier verstand es, durch ihre Interpretationen galant die einzelnen Puzzle-Teile des Konzepts zu verbinden: Welche Unbegreiflichkeiten, Abgründe das Lied auch bieten kann zeigten nicht nur die Lieder von Kurtág oder Berg, auch das Verschweigen (Wolf, Verschwiegene Liebe) und Verstummen (Duparc) kam zur Sprache.
Die Liedwelt Rheinland gratuliert beiden Damen ganz herzlich zu dem erfolgreich bestandenen Abschluß!
Auf der Suche nach der Rose
Keine zwei Stunden später gab es in der renommierten Lied-Reihe „Im Zentrum LIED“ im Thyssen-Auditorium am Neumarkt das nächste Konzept zu erleben. Auch hier bewegte die Mannigfaltigkeit aus einem konzentrierten thematischen Ansatz heraus: Die Suche nach der Rose. Andreas Durban verstand es, gekonnt mit literarischen Exkursionen und historischen Kurzberichten sehr unterhaltsam diese Annäherung zu eskortieren. Gespannt wurde ein großer doppelter Bogen: Es korrespondierten Crumb- und Messiaen-Lieder zu Anfang und zum Ende. Ergänzt wurde diese Idee durch zwei „Brückenpfeiler“ – kurze Klavier-Solo-Passagen, die dem Publikum Zeit zur Reflexion und zum Innehalten gaben.
Die Pianistin Linda Leine tauchte in diesen beiden Solo-Passagen noch tiefer in ihre pianistische Vielfalt ein und kommentierte so beispielsweise in dem Lilientanz von Prokofiev die Rosen-Bilder, griff hier aber auch auf kompositorische Elemente aus dem Auftragswerk „Verwelktes Blühen“ von Anna Mikolajková zurück.
Während des gesamten Abends erfreute Pinda Leine in dieser innigen Duo-Partnerschaft. Mit dieser Partnerin konnte die Sopranistin Pia Salome Bohnert scheinbar spielend leicht das Publikum in den Bann ziehen: Zwischen den beiden das Konzept rahmenden Crumb-Stücken aus „Apparition“ schlug sie den großen Bogen ihrer sängerischen Ausdrucksmöglichkeiten, sei es im ersten Teil als phantastisch erzählende „Shéhérazade“ in Ravels Werken oder in den berühmten „Mädchenblumen“ von Richard Strauss. Nach dieser Annäherung an die Rosen-Thematik „von Außen“ ging das Liedduo im zweiten Teil in die Nahaufnahme. Bohnert und Leine berückten in einem kaleidoskopartigen Annähern an die Rosen-Symboliken im zweiten Teil: So erklang Erschreckendes (Gubaidulina), Lustiges (Pfitzner), Betörendes (Piafs berühmtes La Vie en Rose) und Verblüffendes (Mikolajková). Für die Zugabe hatten die beiden Künstlerinnen sich Faurés berühmt-betörendes Lied „Les Roses d’Ispahan“ aufgehoben, um mit einem wissenden Lächeln die Zuhörer zu entlassen.
So bot der Liederabend „Auf der Suche nach der Rose“ einen „ätherisch-französischen“ Abschluss dieses Mittwoch-Liedmarathons.
Bericht + Photos: Sabine Krasemann
Schubert total am 28.1.2019
Boulezsaal Berlin
Berlin +++ 28.1.2019 +++ Ein schicker Kammermusiksaal im Herzen der Stadt – diesen Traum träumt man in Bonn, Köln und Düsseldorf nach wie vor. In Berlin hat sich innerhalb gefühlten fünf Minuten der „Boulezsaal“ am Konzertmarkt etabliert – das Gefühl hinterlassend er sei eigentlich schon immer dagewesen.
Nun fand dieses Jahr erstmals eine Schubert-Workshop-Woche in Zusammenarbeit mit der Festival Akademie des Internationalen Musikfestivals Heidelberger Frühling unter Federführung von deren Künstlerischen Leiter Thomas Hampson statt. Die Meisterklassen-Teilnehmer haben eine Schubert-Intensivkur Backstage absolviert und ihre Arbeit in mehreren öffentlichen Konzerten präsentiert.
Bravo-Rufe in der Konzertmitte für den “Zwerg” mit Johannes Leander Maas und Toni Ming Geiger
„Musik kann man immer wieder neu entdecken in der live-Interpretation und das ist hier zum Besten zu erleben,“ so Hampson in der Begrüßung der knapp 300 Gäste. Die Liedwelt Rheinland freut sich sehr, dass Netzwerk-Mitglied Toni Ming Geiger einer der drei Pianisten des Nachmittags auftrat und mit seinen bis ins Detail ausgefeilten Interpretationen und auf den Punkt gebrachten Nuancen das Publikum beigeisterte.
Insgesamt acht Sänger und drei Pianisten gestalteten jeweils kurzweilige Prismen mit zwei oder drei Schubert-Liedern, die einen stimmigen dramaturgischen Bogen entwickelten, der angesichts der „Problematik“ so viele hervorragende Künstler in ein sinnvolles Gesamtprogramm zu bringen erstaunlich überzeugend gelang. Viele bekannte Stücke waren darunter, so dass der Leitsatz Bekanntes neu zu hören vom Publikum in der Tat nachvollzogen wurde. Höhepunkt war der gruselige Dauerbrenner „Der Zwerg“ – positioniert kurz hinter der Programm-Mitte. Am Ende für alle Beteiligten Bravo-Rufe und begeisterter Applaus. In der dritten Januarwoche 2020 gibt es ein „Wiedersehen“.
Das Publikum verlies bei dem schlechten Wetter den Saal und das einladende Foyer zögernd und viele zogen es vor, über Entdeckungen, Ideen und das Erlebte insgesamt sich noch auszutauschen.
Konzert am Samstag, den 26. Januar 2019, 16 Uhr
Photos + Text Sabine Krasemann
Domforum
Das Domforum ist Informations- und Begegnungszentrum der Katholischen Kirche Köln und das Besucherzentrum des Kölner Domes. Aufgrund seiner zentralen Lage ist das Haus ein vielgefragter Veranstaltungsort mit Podiumsdiskussionen und Lesungen, Vorträgen zu gesellschaftsrelevanten Fragen, religiösen Impulsen, Konzerten, Kino- und Theater-Veranstaltungen.
In Zusammenarbeit mit der Liedwelt Rheinland fanden die Konzerte „Der etwas andere Liederabend“ am 11.4.2018 und „Paar de Deux“ am 8.5.2019 im Liedsommer 2019. Paar de Deux in Kooperation auch mit der Kölner Offenbachgesellschaft und der Jacques Offenbach Gesellschaft Bad Ems.
LiedweltLinks
Homepage
III. LiedDuo-Wettbewerb 2018 – Preisträgerkonzert 30.9.2018
v.l.n.r: Gisela Jöbstl, Klaudia Tandl, Esther Valentin, Ananstasia Grishutina, Elitsa Desseva, Mikhail Timoshenko
Das Kunstlied angemessen würdigen
Preisträgerkonzert des 3. Internationalen Schubert Wettbewerbs Dortmund am 30. September 2018 in der Kompressorenhalle der Kokerei Hansa, Dortmund
Der dritte LiedDuo-Wettbewerb fand in diesem Jahr in der letzten Septemberwoche in Dortmund statt und wurde unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr. Norbert Lammert ausgerichtet. Nach 13 Klavierwettbewerben folgte nun der spezielle LiedDuo-Wettbewerb in der dritten Auflage.
Stefan Heucke ist Komponist und seit 2016 Vorsitzender dieses internationalen Wettbewerbs. Er zeigte sich besonders begeistert von dem diesjährigen Gewinner-Duo, bestehend aus der Mezzosopranistin Esther Valentin und der Liedpianistin Anastasia Grishutina: „Die beiden ergänzen sich einfach ganz fantastisch und es interessant zu sehen, wann sie welche Impulse setzen und damit eine ganz bestimmte Stimmung vermitteln“, sagt der 59-Jährige.
Das mag auch an der großen Leidenschaft liegen, mit der die beiden an die Musik herangehen: „Die Arbeit mit dem Lied erfüllt mich total“, schwärmt Esther Valentin. „Beim Wettbewerb gab es natürlich bestimmte Pflichtstücke. Nicht sofort findet man immer einen Zugang, aber als wir am Ende auf der Bühne standen, hat es für uns einfach gepasst“, so die junge Sängerin weiter. Auch Anastasia Grishutina ergänzt: „Alles hat sich irgendwie gefügt und wir konnten eine Geschichte erzählen.“
Und genau darum ging es, um gemeinsames Wirken: „Wir wollen bei unserer Veranstaltung das Duo in seiner Gesamtheit bewerten und zwar vollkommen gleichberechtigt und gleichwertig. Das war auch die Idee von Irwin Gage“, so Heucke. Der Pianist Irwin Gage war bis 2017 künstlerischer Leiter des Wettbewerbs, er verstarb im April dieses Jahres. „Aber für ihn war einfach wichtig, dass das Phänomen des Duos im Vordergrund steht – so wie es bisher noch bei keinem anderen Wettbewerb der Fall ist.“
„Der Pianist ist kein Begleiter“
In den großen Kunstliedern sind laut Heucke Klavier und Gesangsstimme so eng miteinander verbunden und durchdringen sich gegenseitig, dass eine gleichberechtigte Struktur nur konsequent ist. „Der Pianist ist kein Begleiter, deswegen nutzen wir auch den Begriff des Liedpianisten.“ Dennoch sei es häufig so, dass die Pianisten zu kurz kommen. „Und das obwohl sie so viel beitragen zum Liederlebnis.“
Deswegen wird dieser Preis verliehen, um ein zusätzliches Augenmerk auf die Gleichberechtigung von Gesang und Klavier zu legen. Und bei Esther Valentin und Anastasia Grishutina hätten sich Gesang und Klavierspiel wunderbar ergänzt. So gut, dass die junge Pianistin zusätzlich mit dem Sonderpreis der Liedpianistin ausgezeichnet wurde. „Ich stelle mir die Liedkunst so wie Kammermusik vor. Jeder von uns gibt Input, es gibt keinen Solisten und seinen Begleiter. Wir schaffen etwas gemeinsam“, findet die Anastasia Grishutina und führt weiter aus: „Ich versuche immer ohne solistische Attitüde zu spielen, dabei entfernt man sich nur von der Musik. Mir geht es um die Musik, ihren Text und die Geschichte dahinter. Denn wenn ich mich der Musik stelle, kann ich komplett ich selbst sein. Ich gebe einen Teil von mir, aber ich bekomme so viel zurück. Das ist für mich das Schönste an der Musik.“
„Anastasia Grishutina hat einfach immer wieder eigene Impulse gesetzt, mitgedacht und agiert. Das war wirklich etwas Besonderes“, fasst der Komponist zusammen. Gemeinsam mit Juliane Banse, Deborah Polaski, Ian Fountain, James Taylor, Olaf Bär, Arnulf von Arnim, Jan Philip Schulze und der künstlerischen Leiterin Ingeborg Danz saß er in der Jury. „Das Kunstlied ist für mich eine spannende Sparte mit vielen gestalterischen Möglichkeiten und die wurden von dem Gewinner-Duo toll bedient. Bereits in der Vorauswahl waren uns die beiden aufgefallen und wir waren gespannt, was uns live bei den Auftritten erwartet.“ Gemeinsam mit Ingeborg Danz hatte er aus 86 Duos 44 ausgewählt und zum Wettbewerb geladen.
Ein Publikumspreis mit besonderem Ergebnis
Von den geladenen Duos waren schließlich 32 erschienen und die Jury wählte in dem insgesamt eine Woche dauernden Wettbewerb drei Favoriten aus. Die Stimmen werden dabei anonym abgegeben und es findet keine Beratung untereinander statt. „So kann wirklich jeder fair und ohne Beeinflussung abstimmen“, betont Stefan Heucke.
Ein Publikumspreis des Lions Club Dortmund-Rothe Erde wurde erstmalig in der in der Kompressorenhalle der Kokerei Hansa vergeben. „Oftmals ist es so, dass das Publikum noch eine andere Sichtweise hat, aber in diesem Jahr war es wirklich komplett identisch“, so Heucke. Denn sowohl das erstplatzierte Duo als auch das zweitplatzierte – bestehend aus dem russischen Bariton Mikhail Timoshenko und der bulgarische Pianistin Elitsa Desseva – erhielten jeweils 60 Stimmen aus dem Publikum.
„Wir haben uns dann präsidialen Rat unseres Schirmherrn eingeholt und uns eigentlich darauf verständigt, dass der Publikumspreis geteilt werden muss“ so der Vorsitzende „doch zu einer Teilung brauchte es gar nicht zu kommen, da die RAG-Stiftung spontan entschied, den zweiten Teil des Preises zu übernehmen.“ So konnten beide Duos den mit je 2.000 Euro dotierten Publikumspreis erhalten.
Bereits seit 1987 findet in Dortmund alle zwei Jahre der Wettbewerb statt. Damals noch von regionalen Musikerinnen und Musikern gemeinsam mit der Dortmunder Wirtschaft ins Leben gerufen, ist der Wettbewerb mittlerweile international aufgestellt und zählt 166 Musiker aus insgesamt 24 Nationen und für den Wettbewerb 2018 meldeten sich 166 Musiker aus insgesamt 24 Nationen an.
Der Wettbewerb soll jungen Künstlern die Möglichkeit geben, sich mit dem Werk Schuberts auseinanderzusetzen.
Im Finale gab es ebenfalls Pflicht- und Wahlstücke. Mit darunter Goethes Rastlose Liebe und Gretchen am Spinnrade. Mit den Liedern schafften es Esther und Anastasia einen Spannungsbogen aufzubauen und mit ihren Stücken eine Liebesgeschichte zu erzählen. „Wir haben kaum Pause gemacht zwischen den Stücken und es versucht, als eins zu präsentieren“, erzählt Esther. „Wirklich unglaublich, wie das geklappt hat. Ich konnte wirklich kaum so schnell die Noten wechseln“, sagt Anastasia und lacht.
Familiäre Stimmung trotz Konkurrenz
Anastasia Grishutina und Esther Valentin setzten sich in diesem Jahr schließlich gegen weitere 32 Duos aus 27 Nationen durch. „Dank des Wettbewerbs haben wir nun einige Liederabende vor uns und können sogar eine eigene CD im kommenden Jahr aufnehmen“, freut sich Esther. Das Thema der Aufnahmen wollen die beiden allerdings noch nicht verraten.
Die Stimmung während des Wettbewerbs hat die beiden allerdings vollkommen überzeugt: „Und das nicht, weil wir am Ende den ersten Platz bekommen haben. Ich habe mich vorher noch nicht so wohl gefühlt in so einer Situation“, sagt Esther Valentin und führt weiter aus: „Die ganze Atmosphäre war super. Die Organisatoren haben sich um uns gekümmert und man konnte spüren, dass es wirklich um die Musik und die Musiker ging und nicht um das Image von dem Wettbewerb, wie es manchmal der Fall ist.“
Gemeinsam hätten alle Künstler mit den anderen mitgefiebert. „Selbst die, die nicht weitergekommen sind, haben sich dann mit uns gefreut und gratuliert“, erzählt die Esther Valentin. „Genau, es war eine Gelegenheit schöne Musik zu machen und das ist das Wichtigste“, findet auch Anastasia Grishutina.
Den dritten Preis erhielt das österreichische Duo mit Mezzosopranistin Klaudia Tandl und Gisela Jöbstl am Klavier. Der nächste LiedDuo-Wettbewerb wird 2022 stattfinden, der Anmeldestart ist ebenfalls im Frühjahr 2022. Weitere Infos folgen, wenn der Wettbewerb näherrückt.
Hier finden Sie das Interview mit den beiden Gewinnerinnen
Bericht: Elena Sebening
Photo © Schubert Wettbewerb | Finn Löw
Ton & Erklärung Preisträgerkonzert 7.10.2018
Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf
Sonntag, 6. Oktober – ein noch unentschlossener Herbst-Sonntag-Morgen. In der Düsseldorfer Oper präsentiert der Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft im BDI e.V. einem überschaubaren aber sehr interessierten Publikum die diesjährigen Preisträger des Wettbewerbs „Ton und Erklärung“, der in Zusammenarbeit mit der BayerKultur im Juni in Leverkusen ausgetragen wurde.
Thomas Helfrich, Leiter der Abteilung Kultur, Sport & Bildung bei der Bayer AG begrüßte als diesjähriger Partner die Gäste. Den Kulturauftrag der Bayer AG sieht er ganz eng an die Attraktivität des Arbeitsplatzes gekoppelt: Nur ein Ort an dem Kultur und Bildung eine kosmopolitische Grundlage schüfen entstünde Kreativität und neue Ideen. Dies sehe Helfrich als Grundlage für die Weiterentwicklung, den Wandel der Gesellschaft.
Die Bayer AG verstehe das Engagement in Kultur somit auch als ureigensten Bestandteil des unternehmerisches Selbstverständnisses und nicht als von der Unternehmensphilosophie losgekoppelten „Auftrag“.
Nur die lebendige Kulturgemeinschaft lernt, wird inspiriert und probiert Neues aus. Insofern sei die Bombardierung der Neuronen im Gehirn, die heute mit dem Preisträgerkonzert junge Künstler fördere immens wichtig als Investition in die hiesige Infrastruktur.
Im Unterschied zu anderen Wettbewerben sind die Sänger bei „Ton und Erklärung“ angewiesen, ihren kreativen Entwicklungsprozess, ja die intellektuelle Auseinandersetzung welche hinter der Präsentation des jeweiligen Liedes steckt den Zuhörern zu vermitteln.
Selbstredend gestalteten die hauseignen Bayer-Philharmoniker unter Bernhard Steiner das Programm – und taten dies sehr engagiert. So hatten die Sänger einen umsichtigen Partner für die Opern-Einlagen und -Arien.
Als erstes lernte das Publikum den Preisträger Stefan Astakhov kennen. Der Bariton ist erst 21 Jahre alt – nicht nur hat er sicherlich keine Angst vor der Höhe, sondern er weiß auch zu den ausgewählten Werken viel zu vermitteln und die Zuhörer mit seiner musikalischen Gestaltung zu fesseln!
Auch die Sopranistin Elena Harsányi verstand es versiert und sehr klug beispielsweise über ihre Herangehensweise und Beziehung zur Pamina-Arie „Ach, ich fühl’s“ zu erzählen. Das machte Spaß ihr dann in der Umsetzung folgen zu dürfen.
Gemeinsam mit Netzwerk-Mitglied Toni Ming Geiger gestalteten abschließend vor der Preisverleihung Elena Harsányi und Stefan Astakhov „VOID“ von Max-Lukas Hundelshausen. Die Uraufführung verwies in Richtung Lied – war in der Symbiose von Mensch (Künstler) und Technik (Elektronik) unterwegs. Es gelang eine musikalische Entdeckungsreise nach dem „unendichen Lied der Welt“ in der der Sänger oder auch der Dichter Gefäß für Kräfte wird, die größer sind als er selbst.
Getreu der Aufgaben, die ein Netzwerk hat, hat die Liedwelt in Zuge der Planung eines Liedsommer 2019 mit dem Bayer-Kulturchef Kontakt aufgenommen, denn schließlich wollen auch wir den Nachwuchs fördern und gerne Gemeinsames gestalten.
Der stimmungsvolle Preisträger-Konzert-Vormittag wurde logischerweise abgeschlossen mit der Preisverleihung an die beiden jungen Künstler, denen die Liedwelt zu ihrer Auszeichnung herzlich gratuliert.
Nachwort: Leider litt die schöne Veranstaltung unter teils dilettantischer Abwicklung der Veranstaltung. Da wundert man sich doch, wenn ein Musiker während die Uraufführung gespielt wird noch einmal zu seinem Platz eilt und gleich wieder verschwindet und nach dem „Umbau“ für das abschließende kammermusikalische Stück die Bühne völlig unaufgeräumt bleibt wie in einer „Probensituation“ – und in dieser Kulisse dann auch die feierliche Preisverleihung stattfindet.
Auch bei manchem Techniker, der im Schlabberlook während des Ablaufs über die Bühne eilte erschloss sich nicht warum solche Abläufe öffentlich passieren. Auch die Frage wohin mit dem Mikrophon nach der Anmoderation hätte sicherlich galanter (Pultablage) gelöst werden können ohne den Ablauf zwischen Moderation (Erklärung) und Umsetzung (Ton) zu unterbrechen: Auch hier eilte jedes Mal ein Techniker herbei, nur um das Mikrophon zu sichern. Das wunderte doch.
Die Liedwelt bedankt sich sehr bei Amelie Amann vom Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft im BDI e.V. für die Einladung zum Konzert und freut sich auf die Fortsetzung dieser Partnerschaft.
Text: Sabine Krasemann