v.l.n.r: Linda Leine, Pia Salome Bohnert, Andreas Durban
Gestern waren drei Liederabende im Kölner Zentrum zu hören, die geballt die Vielgestaltigkeit dieses Genres zeigten.
Ab 15 Uhr gab es zunächst zwei Master-Abschlusskonzerte Liedgestaltung in der Aula der Hochschule, zwei Lieder-Nachmittage also:
Durchwachte Nächte – freundliche Morgen
Gleich im ersten knapp einstündigen Konzert wurde klar wie wichtig doch die Liedgestaltung durch den Partner oder die Partnerin am Klavier ist. Die Absolventin Atsuko Ota bot ein wunderschön durchsichtiges Spiel, dazu ein wahres Kaleidoskop an Farbigkeit in einem klugen Programm, das zahlreiche innere Bezüge spannungsvoll verband. So klangen Klassiker wie „Die junge Nonne“ oder „Der Zwerg“ von Schubert frisch und waren ganz neu gehört. Kongeniale Partner am Stimmband waren für die Absolventin die Sopranistin Anna Christin Sayn, die das Publikum mit ihrer Interpretation von vier Liedern nach Brentano op. 68 von Richard Strauss ebenso begeisterte wie der Bass-Bariton Clarke Ruth, dessen Wolf-Lieder geradezu erschreckend plastisch waren.
Das zahlreich erschienene Pulikum applaudierte begeistert und bereitete sich auf das zweite Konzert vor:
The Sound of Silence
Die Absolventin Emeline Archambaoult hatte ein Konzept rund um den Klassiker von Simon und Garfunkel entwickelt: Dieses innige Lied, das die beiden Sängerinnen Julia Spies und Manon Blanc-Delsalle in perfektem Duo-Sound zelebrierten, sorgte dafür, dass alle mitträumen konnten. Stille auch in der Klassik: Dies korrespondierte mit dem ebenfalls berühmten Pendant „4’33“ von Cage, konzentriert inszeniert mit Pflicht zum Innehalten, und dies musste auch sein, denn die Gruppen, in die sich die restlichen Lieder formierten hatten es in sich!
Das Programm startete mit Schumanns bekanntem „Liederkreis“, in dem der Bariton Benjamin Hewat-Craw die Zuhörerschaft sogleich für sich und das gesamte Konzert komplett einnahm. Die souveräne Meisterin am Klavier verstand es, durch ihre Interpretationen galant die einzelnen Puzzle-Teile des Konzepts zu verbinden: Welche Unbegreiflichkeiten, Abgründe das Lied auch bieten kann zeigten nicht nur die Lieder von Kurtág oder Berg, auch das Verschweigen (Wolf, Verschwiegene Liebe) und Verstummen (Duparc) kam zur Sprache.
Die Liedwelt Rheinland gratuliert beiden Damen ganz herzlich zu dem erfolgreich bestandenen Abschluß!
Auf der Suche nach der Rose
Keine zwei Stunden später gab es in der renommierten Lied-Reihe „Im Zentrum LIED“ im Thyssen-Auditorium am Neumarkt das nächste Konzept zu erleben. Auch hier bewegte die Mannigfaltigkeit aus einem konzentrierten thematischen Ansatz heraus: Die Suche nach der Rose. Andreas Durban verstand es, gekonnt mit literarischen Exkursionen und historischen Kurzberichten sehr unterhaltsam diese Annäherung zu eskortieren. Gespannt wurde ein großer doppelter Bogen: Es korrespondierten Crumb- und Messiaen-Lieder zu Anfang und zum Ende. Ergänzt wurde diese Idee durch zwei „Brückenpfeiler“ – kurze Klavier-Solo-Passagen, die dem Publikum Zeit zur Reflexion und zum Innehalten gaben.
Die Pianistin Linda Leine tauchte in diesen beiden Solo-Passagen noch tiefer in ihre pianistische Vielfalt ein und kommentierte so beispielsweise in dem Lilientanz von Prokofiev die Rosen-Bilder, griff hier aber auch auf kompositorische Elemente aus dem Auftragswerk „Verwelktes Blühen“ von Anna Mikolajková zurück.
Während des gesamten Abends erfreute Pinda Leine in dieser innigen Duo-Partnerschaft. Mit dieser Partnerin konnte die Sopranistin Pia Salome Bohnert scheinbar spielend leicht das Publikum in den Bann ziehen: Zwischen den beiden das Konzept rahmenden Crumb-Stücken aus „Apparition“ schlug sie den großen Bogen ihrer sängerischen Ausdrucksmöglichkeiten, sei es im ersten Teil als phantastisch erzählende „Shéhérazade“ in Ravels Werken oder in den berühmten „Mädchenblumen“ von Richard Strauss. Nach dieser Annäherung an die Rosen-Thematik „von Außen“ ging das Liedduo im zweiten Teil in die Nahaufnahme. Bohnert und Leine berückten in einem kaleidoskopartigen Annähern an die Rosen-Symboliken im zweiten Teil: So erklang Erschreckendes (Gubaidulina), Lustiges (Pfitzner), Betörendes (Piafs berühmtes La Vie en Rose) und Verblüffendes (Mikolajková). Für die Zugabe hatten die beiden Künstlerinnen sich Faurés berühmt-betörendes Lied „Les Roses d’Ispahan“ aufgehoben, um mit einem wissenden Lächeln die Zuhörer zu entlassen.
So bot der Liederabend „Auf der Suche nach der Rose“ einen „ätherisch-französischen“ Abschluss dieses Mittwoch-Liedmarathons.
Bericht + Photos: Sabine Krasemann