Unterstützen Sie den Liedsommer
Der Liedsommer fördert hochrangige Kultur im Rheinland. Unterstützen Sie uns als Spender und helfen Sie uns, dass der Liedersommer auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben kann.
Der Liedsommer fördert hochrangige Kultur im Rheinland. Unterstützen Sie uns als Spender und helfen Sie uns, dass der Liedersommer auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben kann.
Kein Netzwerk ohne Partner, keine Konzepte ohne Miteinander, keine Realisierung ohne Finanzpartner!
Wir danken unseren Partnern des diesjährigen Liedsommers für die kreative und inspirierende Zusammenarbeit und unseren Unterstützern und Sponsoren für die finanziellen und logistischen Hilfestellungen!
Kooperationspartner
Augustinum Bonn
Christuskirche Köln
Domforum Köln
Ev. Kirchengemeinde Köln-Bayenthal
Ev. Kirchengemeinde Marienberghausen
Ev. Marktkirche Neuwied
Ev. Reformationskirche Köln Bayenthal
Ev. Trinitatis-Kirchengemeinde Linz
Freiraum Köln-Sülz
Gelbe Villa Hürth
Gemeindesaal der Ev. Erlöserkirchengemeinde Bad Godesberg
Hinterhofsalon Aachener Straße Köln
Hochschule für Musik und Tanz Köln
Im Zentrum LIED
Kirchenmusik in Marienberghausen
Kölner Gesellschaft für Neue Musik e.V. kgnm
Luft & Raum – Kulturfestival in der Zentrifuge Bonn
Pfarrkirche Sankt Severin Lindlar
Pro Klassik e.V. Königswinter
Rheinischer Kultursommer 2019
Rheinvokal | Festival am Mittelrhein
Schloss Türnich
Schumannfest Tonhalle Düsseldorf
Sitzfeldt
Staatsorchester Rheinische Philharmonie
Stimmschmiede Bonn
WDR 3 Kulturpartner
Wachtberger Kulturwochen 2019
Partner und Sponsoren
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW
Kunststiftung NRW
Dwight und Ursula Mamlok Stiftung
Jacques Offenbach Gesellschaft Bad Ems
Schumannfest 2019 | Tonhalle Düsseldorf
Bundesstadt Bonn
Landeshauptstadt Düsseldorf
Städte- und Gemeinde-Stiftung der Kreissparkasse Köln im Rhein-Sieg-Kreis
Kölner Offenbachgesellschaft
Stadt Köln
Kolpingstadt Kerpen
Photo © Liedwelt Rheinland | Sabine Krasemann
"Ich glaube nicht, dass ich jemals einen Partner finde, mit dem ich mich musikalisch so ergänze." - Doriana Tchakarova – Juli 2019 Mit Doriana Tchakarova…
“Eine ganz besondere Wachheit” August 2019 Mit Christina Messner sprach Elena Sebening Christina Messner ist Musikerin und Komponistin. Im Interview erzählt sie von ihrer Arbeit,…
"Ich spiele wie ein Dirigent und dirigiere wie ein Pianist.“ – Juni 2019 Mit Desar Sulejmani sprach Christiane Nitsche Herr Sulejmani, Sie sind Pianist, Dirigent,…
“Wenn jemand die Loewe-Balladen am Leben halten kann, dann sind es vielleicht wir Bässe.” April 2019 Mit Lucas Singer sprach Christiane Nitsche Herr Singer, Sie…
“Das Lied ist für mich eine der schönsten und natürlichsten Arten mit Menschen in Kontakt zu treten.” 13. März 2019 Mit Konstantin Paganetti sprach Elena…
“Die Miniatur-Spektren eines jeden Liedes, die Direktheit zum Publikum sind für uns eine unglaubliche Bereicherung” – Mit dem LiedDuo sprach Heike Paulsen im Frühsommer 2018…
Das Instrument Stimme März 2019 Der Singstimmtag am 11. Mai 2019 gehört mit zum diesjährigen Liedsommer von Liedwelt Rheinland. Viele unterschiedliche Veranstaltungen präsentieren und beleuchten…
„Im Liedwelt Netzwerk bündelt man eine Reihe von spannenden Künstlern, welche die Menschen gerne an ihrer Passion zum Kunstlied teilhaben lassen möchten. Ab dem 1. Mai wird dies einmal wöchentlich im Liedwelt Rheinland Podcast gemeinsam mit Journalistin Elena Sebening gemacht. Das Kunstlied ist ein musikalischer Dauerbrenner und man hofft, dass auf diesem Weg noch mehr Menschen die Facetten dieser Gattung entdecken. Einmal wöchentlich gibt es unter: www.liedwelt-rheinland.de/podcast immer freitags, eine neue Folge.“ (Kölner.de 22.4.2020)
„Kurt, Weill er mehr ist“ heißt die 60-minütige Homage an den 1900 in Dessau geborenen US-Amerikanischen Komponisten. (Bonner GA, 29./30.8.2020)
Wer sich in diesen Tagen nicht an den Klagemauern der Kultur festkrallt, erlebt wundervolle Momente. Überraschend viel alte Leute sitzen mit größten Abständen in den Kirchenbänken, und alle sind zufrieden. Wenn die Programme derzeit nicht mehr als 75 Minuten ohne Pause dauern dürfen, lernen die Besucher an diesem Nachmittag, dass es gar nicht viel mehr braucht, um beseelt nach Hause zu gehen. Tatsächlich abgerundet wird dieser wunderbare Auftritt dann doch von einem Evergreen als Zugabe. Da will man sich auch nicht mehr an das eingangs ausgesprochene Mitsingverbot halten. Ganz leise wird ja wohl erlaubt sein. Und nicht wenige Besucher nutzen auch gleich noch die Chance der persönlichen Nähe, um den Kontakt zu den Künstlern nach einem großartigen Konzert zu suchen. Fast möchte man sagen: Ja, so kann es weitergehen. (Michael S. Zerban, O-Ton-Magazin 24.8.2020)
Bariton Johannes Held und Pianist Daniel Beskow interpretieren Schuberts Winterreise neu
Im Refrather Sinngewimmel entpuppte sich das Konzert als ein Sternstündchen des Liedgesangs. Die beiden Künstler inszenierten eine wirklich zeitgenössische Fassung des romantischen Schubert-Zyklus. Tieftraurig klingt der Bariton, dann wechselt er vom Lyrischen ins Dramatische. Den Inhalt interpretiert Held mit subtil geführter Stimme und besonderer Darstellung. Kongenial ist die Begleitung von Daniel Beskow, er lässt Posthorn und Hufgetrappel erkennen. Es ist ein Balanceakt zwischen Euphorie und Schmerz. (Kölner StadtAnzeiger 5.9.2020)
„Mit ausdrucksvollem Timbre und stets im stimmigen Dialog mit Boris Radulovic überbrachte Karola Pavone die anspruchsvollen, ernsten oder auch leichten Botschaften der Blumenlieder.“
(Bonner GeneralAnzeiger nur Print vom 26.9.2019 über das Konzert „Le Langage des Fleurs“ in Königswinter am 21.9.2019)
„Ein faszinierendes Duo, ein faszinierender Abend, spannend, emotional, abstrakt, und doch irgendwie konkret. Kräftiger Applaus.“
(Westdeutsche Zeitung, 8.9.2019, online + Print zum Konzert in der Bergerkirche Düsseldorf am 6.9.2019)
Schäfer, Märchenerzähler oder Harfenspieler: Das Liedduo Konstantin Krimmel und Doriana Tchakarova ist vor seinem Konzert bei uns zu Gast und spricht mit Katja Ruppenthal über das Düstere in der Liebe und die neue CD. (WDR 3 Tonart zum Konzert im Hinterhofsalon Aachener Straße, Köln am 30.8.2019)
„Zu seinem 200. Geburtstag haben Lehrende und Studierende der Hochschule für Musik und Tanz Köln einen amüsanten Abend konzipiert, der jetzt im Rahmen von „Liedsommer 2019“ im Augustinum zur Aufführung kam und sein Publikum entzückte. … Das Komische stets überwog und Offenbachs Witz in der Tradition eines Nestroy oder Raimund erscheinen ließ.“
(Bonner GeneralAnzeiger vom 12.6.2019, nur Print zu Paar de Deux im Bonner Augustinum am 9.6.2019)
Laut einer Studie sind maximal fünf Prozent der aufgeführten Stücke, auf Konzertpodien weltweit, Werke von Frauen. Obwohl: „Ich bin weder Feministin noch halte ich Männer-Frauen-Quoten für sinnvoll.“ Dennoch: Zum 200. Geburtstag dieser außergewöhnlichen Doppel- und Dreifach-Begabung Clara „ist es legitim, das Weibliche mal auf die Spitze zu treiben.“
(Westdeutsche Zeitung vom 23.5.2019 zu „Komponistin: Zierde oder Meisterin“ in der Tonhalle Düsseldorf am 29.5.2019)
Düsseldorf – Vom 25. Mai bis zum 8. Juni findet in diesem Jahr das Schumannfest der Tonhalle statt. Im Mittelpunkt des Festivals steht Clara Schumann als Sinnbild für Künstlerinnen damals und heute. Daraus entwickelt sich ein ausgesprochen modernes Programm, das nicht nur „Konzertgänger“ anspricht. Michael Becker, Intendant der Tonhalle und damit Künstlerischer Leiter des Festivals, erklärt den Reiz des Festes.
(o-ton-Vorankündigung vom Mai 2019 zu „Komponistin: Zierde oder Meisterin“ in der Tonhalle Düsseldorfam 29.5.2019)
Juli 2019
Mit Doriana Tchakarova und Konstantin Krimmel sprach Christiane Nitsche
Ihr Programm „Darf ich Ihnen eine Geschichte erzählen?“ haben Sie ja bereits mehrfach gespielt. Verstehen Sie beide sich da mehr als Musiker oder als Erzähler?
Konstantin Krimmel: Wir haben mit der Zeit gemerkt und erfahren, dass uns diese Balladenform, diese Form der Geschichten, sehr am Herzen liegt. Mir macht es persönlich sehr viel Spaß, diese Geschichten zu lesen, zu erfahren und auch zu erzählen. Ich finde, das Lied ist eine kleine Oper für sich, in fünf bis sechs Minuten, es hat alle Höhen und Tiefen, Hoffnung und Verderben – es ist alles drin, was man so braucht für ein gutes Stück. Darum haben wir uns auch darauf konzentriert.
Frau Tchakarova, Sie sind ja die Erfahrene von Ihnen beiden. Haben Sie gleich gewusst, dass Sie da jemanden erwischt haben, mit dem es gut passt?
Doriana Tchakarova: Am Anfang wusste ich einfach, dass er wahnsinnig begabt ist. Aber so wie Sänger in ihrer Entwicklung sind, sind sie erstmal sehr viel mit Technik beschäftigt. Deswegen wusste ich von Anfang an, dass es phantastisch passt, aber die Entwicklung kam ein wenig später.
Es ist ja nicht unbedingt selbstverständlich, dass ein Duo so gut funktioniert, dass es praktisch fest miteinander auftritt. Wie haben Sie zueinander gefunden? Warum passt es so gut?
Konstantin Krimmel: Wir arbeiten jetzt seit eineinhalb bis zwei Jahren intensiv zusammen. Warum es so gut passt, wissen wir tatsächlich auch nicht. [lacht] Es sind vermutlich übernatürliche Kräfte am Werk, die uns da zugute kommen. Zu verdanken ist es der Musikhochschule Stuttgart, weil ich da noch als Student bin und meine Pianistin dort einen Lehrauftrag als Korrepetitorin hat. Darüber hinaus hat sich dann mehr entwickelt. Wir haben eine sehr gute Basis gefunden, so dass wir für uns sehr, sehr schöne Musik machen können. Und scheinbar kommt die auch gut an.
Sie haben gemeinsam ihre erste CD eingespielt? Was haben wir da zu erwarten?
Konstantin Krimmel: Sie wird Saga heißen und erscheint am 20. September 2019. Wir wollten einen internationalen Titel, auch wenn es alles deutschsprachige Lieder sind. Es ist wie bei unserem Programm: Wir wollen Geschichten nehmen, die uns ansprechen, allein von der Geschichte selbst. Dann kommt natürlich die Komposition, die Vertonung durch die unterschiedlichen Komponisten dazu. Da gibt es fantastische Sachen, wo wir auch sagen, da entspricht die Vertonung dem, wie wir uns den Text vorstellen. Es gibt natürlich auch Sachen, da geht man nicht ganz mit dem Komponisten. Aber nichtsdestotrotz sind diese Balladen und Erzählungen unfassbar starke Stücke. Und wir haben eben die Erfahrung gemacht, dass diese Stücke auch sehr gut ankommen, wenn man es denn schafft, sie gut zu erzählen. Doriana versucht auch, nicht nur zu spielen und die Töne abzuklappern, sondern den Text in der Musik wiederzugeben.
Doriana Tchakarova: Saga ist außerdem die nordische Göttin der Geschichte. Großteils sind es die Stücke, die wir auch im Programm spielen. Jensen, Loewe und Schumann sind auf der CD. Schubert auch, aber mit anderen Stücken. Hugo Wolf als Spätromantiker müsste man auf einer CD vielleicht woanders platzieren, im Programm passt er gut zu Jensen.
Die Frage an Sie, Frau Tchakarova: Er hat ja den Vorteil, auch die Sprache als Instrument einsetzen zu können. Was bedeutet das für Sie, wie gehen Sie da ran?
Doriana Tchakarova: Konstantin ist wirklich so inspirierend in seiner Erzählung, dass es mir nicht unbedingt schwer fällt, am Klavier mitzuerzählen. Es ist auch interessant zu schauen, wie von Komponist zu Komponist der Klavierpart gesetzt ist. Zum Beispiel bei Loewe, da hört man Vögel zwitschern oder Bachplätschern. Das macht Loewe natürlich fantastisch, dass er das, was im Text ist, auch sehr malerisch darstellt. Da ist es leichter als zum Beispiel bei Schubert, wo das Klavier eher im Hintergrund ist, aber wahnsinnig viel von der Spannung hat, um dem Sänger das nötige klangliche Umfeld zu bieten und dann die Geschichte sehr stark zu präsentieren. Darin liegt natürlich das Reizvolle und Spannende – das zu differenzieren.
Wie soll es weitergehen? Wollen Sie auf diesem Programm – und der CD – aufbauen?
Konstantin Krimmel: Auf jeden Fall möchten wir darauf aufbauen. Wir hoffen natürlich, dass die CD gut ankommt und sich das herumspricht, was wir machen. Es gibt auch schon Ideen für weitere Projekte. Wir möchten gerne ein wenig das Lied wieder aufleben lassen. Gemeinsam mit den ganzen anderen, die gerade unterwegs sind als Liedsänger und -sängerinnen, als Pianisten und Pianistinnen, möchten wir das Lied mit neu gestalten.
Warum überhaupt das Lied, warum dieses Genre?
Konstantin Krimmel: Weil es unheimlich viel Spaß macht. Von der pragmatischen Seite her ist es außerdem unheimlich gut zu bewerkstelligen, weil es nur zwei Leute und ein Klavier braucht. Es ist nicht abhängig von einem großen Apparat wie eine Oper oder ein Oratorium. Es ist viel kleiner und intimer; dadurch hat man auch eine größere Möglichkeit, herauszuholen, was es herauszuholen gibt – und so Kunst zu machen, wie man es sich vorstellt. Diese Lieder sind einfach – sooft sie auch schon gespielt und interpretiert wurden – immer wieder neu. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken und einen eigenen Weg. Jeder hat seine eigene Geschichte zu einer Winterreise von Schubert. Die klingt dann auch anders. Und ich denke, dass die auch zu Gehör gebracht werden darf – und auch sollte.
Doriana Tchakarova: Es ist auch einfach reizvoll und spannend, so minimalistisch auf der Bühne mit zwei Menschen – und damit Leute in seinen Bann zu ziehen. Wir sind auch beide als Charaktere sehr unterhaltsam und genießen das unheimlich. Und es kommt hinzu: Wir sind beide ohne das Lied aufgewachsen und haben unseren ganz eigenen Zugang im Studium gehabt und dadurch vielleicht eine andere Frische, es darzustellen. Viele Sänger haben es praktisch mit der Muttermilch aufgesogen, für die ist das Lied, ist Fischer-Dieskau ein Begriff. Ich komme aus Bulgarien und kannte es nicht. Ich habe es mit etwa 20 zum ersten Mal gehört. Das spielt vielleicht auch eine Rolle. Vielleicht sind wir dadurch in der Darstellung besonders authentisch.
Bekommen Sie das vom Publikum auch so gespiegelt?
Konstantin Krimmel: Auf jeden Fall. Ich kann dazu eine Geschichte erzählen: Beim Wettbewerb in Weikersheim gab es ein kleines Lied-Finale, wo wir drei Lieder zum Besten geben durften – unter anderem Belsazar von Schumann und Odins Meeresritt von Loewe. Im Publikum saß eine Nonne, die kam am Ende auf uns zu und sagte, sie sei so froh, hier gewesen zu sein. Sie habe eigentlich mit der ganzen Materie nichts zu tun und kenne sich gar nicht aus, aber sie sei so froh, diese Geschichten gehört zu haben. Sie habe richtig die Bilder vor sich gesehen, sagte sie. Sie hat Odin vor sich gesehen, sie hat diesen völlig gestörten Belsazar vor sich gesehen, wie er Gott ablästert und sich über alle erhebt. Und diese Bilder waren für sie so stark. Das ist natürlich das größte Lob und das größte Glück, das man als Sänger bekommen kann: dass man von solchen völlig unbefangenen Menschen, die eben keine Interpretation schon im Ohr haben, wie es vielleicht sein sollte oder wie sie es gerne hätten, gesagt bekommt: „Wow, das war so toll. Das möchte ich noch einmal hören.“ Etwas Besseres kann man sich gar nicht wünschen.
Doriana Tchakarova: Es ist halt auch die Liebe. Wir lieben diese Texte und diese Lieder. Und wann man mit Liebe und Hingabe an die Stoffe herangeht, dann entsteht etwas Interessantes.
Was wünschen Sie sich selbst für den Auftritt beim Liedsommer?
Konstantin Krimmel: Was man sich immer wünscht, ist ein aufmerksames Publikum, das gerne da ist und das offen ist für Neues. Ich glaube, wir haben auch für jeden etwas dabei. Wir versuchen immer, die Programme so zu gestalten, dass es auch Abwechslung gibt, Höhen und Tiefen, auch mal Schweres. Und ich glaube, da haben wir etwas zusammengestellt, wo nachher jeder rausgehen kann und etwas mitnimmt: vielleicht einen Ohrwurm, vielleicht einfach Eindrücke, die ihn persönlich sehr bewegt haben.
Doriana Tchakarova: Aber natürlich hat das Ganze einen roten Faden.
Konstantin Krimmel: Natürlich, das war uns auch bei der CD sehr wichtig. Darum gibt es auch einen Text dazu, der die Dramaturgie darstellt.
Herr Krimmel, Sie sind ja noch im Studium, wie geht es denn für Sie weiter?
Konstantin Krimmel: Ich habe noch ein Jahr bis zum Abschluss. Und dann kommen hoffentlich viele schöne Projekte. Aber der Fleiß, das Studium hört ja nie auf – beim Gesang, wie auch bei allen Instrumenten. Die Freischaffenheit, die ich jetzt im Studium habe und die ich schon lebe, würde ich gerne weiterleben und am liebsten alle drei Sparten bedienen: Lied, Konzert und Oper. Ich bin dann aber offen für alles, was angefragt wird.
Frau Tchakarova, fürchten Sie nicht, dass Sie ihn dann verlieren müssen an große Opernhäuser?
Doriana Tchakarova: Ich möchte das Lied-Duo natürlich gerne weiterführen, denn ich glaube nicht, dass ich einen anderen Partner finden werde, mit dem ich mich so musikalisch verstehe und ergänze. Allerdings ist er natürlich Sänger – und er muss in die Oper. Ich unterstütze ihn unglaublich dabei, wenn Vorsingen an der Oper oder andere Projekte angesagt sind, die seiner Klasse entsprechen. Ich habe einfach Vertrauen, dass das andere darunter nicht verloren geht. Dass das bleibt, wenn wir beide das wollen. Ich glaube, Lied wird er immer machen. Natürlich wünsche ich mir, dass er das mit mir macht.
Konstantin Krimmel: Es profitiert ja auch voneinander, rein stimmlich und technisch gesehen. Unsere große, gemeinsame Leidenschaft ist und bleibt das Lied, und das möchten wir in die Welt tragen.
August 2019
Mit Christina Messner sprach Elena Sebening
Christina Messner ist Musikerin und Komponistin. Im Interview erzählt sie von ihrer Arbeit, laufenden Projekten und der Herausforderung, als Frau den beruflichen Weg der Komponistin zu gehen.
Wenn Christina Messner von ihrer Arbeit erzählt, beginnen ihre Augen zu strahlen und es wirkt, als könnte sie ewig schwärmen von all den Möglichkeiten, die ihr als Musikerin und Komponistin offenstehen. Bereits seit ihren Kindheitstagen ist die 49-Jährige fasziniert vom Musizieren und sogar vom Komponieren: „Ich habe alte Notenhefte wiedergefunden und tatsächlich habe ich schon als Kind erste Versuche gestartet.“
Mit fünf Jahren hielt sie das erste Mal eine Blockflöte in ihren Händen. Sie kam aus der Schule nach Hause und übte direkt weiter, weil ihr das Musizieren so viel Spaß bereitete. „Ab dem Moment war meiner Mutter klar, dass man mich fördern muss“, sagt sie und lacht. Im Alter von acht Jahren beginnt Messner schließlich mit dem Geige spielen und hat die Lust daran nie verloren. „Außerdem habe ich schon immer viel und gerne gesungen, was bis heute viele meiner Stücke prägt. Die Lust an Sprache und Gesang kam schon ganz früh, so die Musikerin.
Schließlich absolvierte sie ihr Musikstudium zwischen 1991 und 1996 in Würzburg mit dem Hauptfach Violine und dem Wahlfach Komposition. Es folgte eine zusätzliche Ausbildung in Improvisation bei Harald Kimmig in Freiburg. Mittlerweile lebt und arbeitet Christina Messner in Köln.
Der Reiz des Experimentellen
Bereits vor dem Studium schrieb Messner erste Stücke: „Mir war immer klar, dass ich auch nach der Uni nicht den klassischen Weg in ein Orchester einschlagen werde. Eigene musikalische Projekte umsetzen war schon länger mein Ziel.” Und das macht sie bis heute: Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit der Verknüpfung unterschiedlicher Sparten und interdisziplinären Ansätzen. Besonders in den Bereichen Neue Musik, Improvisation und Performance widmete sie sich verschiedensten Projekten und Konzerten.
„Natürlich gibt es bereits wunderschöne klassische Stücke, aber das Experimentelle hat mich immer gereizt“, sagt die Musikerin. Nach ihrem Abschluss entschied sie sich für das freiberufliche Arbeiten: „Ich wollte mir etwas ganz Eigenes suchen und seit dem Studium setze ich Projekte um.“
In den ersten Jahren ist Messner häufig als Performerin aufgetreten und hat als Musikerin auf der Bühne gestanden. In den vergangenen Jahren lag ihr Fokus eher auf der Komposition. „Das ist allerdings keine Entscheidung gegen das Musizieren, es hat durch Aufträge dahin entwickelt.“
Die große Offenheit für musikalische und künstlerische Stile spürte die Komponistin schon früh in sich und setzt sie noch heute auf kreativste Weise um. Selbst während des Musikstudiums mit klassischen Lehrern spielte sie nebenbei in einer Punkband.
Der Zauber der Schaffensphase
Aktuell arbeitet Christina Messner an einer Komposition für Irene Kurka (Sopran) und Martin Wistinghausen (Bass), die als Duo das Stück zum Thema „Aus Höhe und Tiefe“ im September 2019 bei Konzerten in Düsseldorf und Köln präsentieren werden. Der Beginn solch eines Werkes beginnt bei der Komponistin oft erst im Kopf, beispielsweise mit der Überlegung, welche Texte vertont werden sollen und – wenn man die Interpreten kennt – was zu den entsprechenden Sängern passt. Dennoch gäbe es keinen vorgegebenen Arbeitsablauf: „Es kann immer sein, dass ich ganze Teile wieder verwerfe und neu entwickle.“ Doch während solch einer Schaffensphase, ist Messner die ganze Zeit aufmerksam: „Auch wenn man gerade nicht arbeitet, man sammelt ständig, nimmt Dinge wahr. Ich liebe diese ganz besondere Wachheit und diese Art, die Welt wahrzunehmen.” Die interdisziplinäre Arbeit und die damit verbundene Grenzüberschreitung von Genres gibt ihr immer wieder die Chance, Neues zu lernen.
Außerdem geht es ihr darum, die Neue Musik aus ihrem Elfenbeinturm hervorzuholen. In den vergangenen Jahren arbeitete sie vermehrt in öffentlichen Räumen und gestaltete Projekte, bei denen Laien und Profis der Neuen Musik gemeinsam etwas kreierten. „Wenn man Verschiedenes zusammenbringt, was auf den ersten Blick nicht so ganz passt, kann daraus was Tolles entstehen und man holt die Musik zurück ins Leben.“ Das ist für Christina Messner auch einer der Aspekte, den sie in der Auseinandersetzung mit dem Lied wiederfindet.
Die Tatsache, dass sie eine der wenigen weiblichen Komponistinnen ist, begleitete Christina Messner ihre ganze Laufbahn – mal mehr, mal weniger. „Natürlich weiß ich nicht, wie es mir als Mann ergangen wäre, aber da waren einige Situationen, in denen ich anders behandelt wurde als meine Kollegen.” Im Studium in Würzburg war sie beispielsweise die einzige Frau in den Kompositions-Kursen. „Ich scheine genau die Generation dazwischen zu sein. Zahlreiche Frauen vor mir haben sich bereits einiges erkämpft, dennoch gab und gibt es noch einige Hürden für meine Generation”, findet die 49-Jährige.
Der Weg zur Komponistin
Sie sei in einer schwäbischen Kleinstadt mit der Meinung aufgewachsen, dass Frauen nicht komponieren können: „Das tauchte einfach nirgends auf.“ Selbst bis zum Ende ihres Studiums hörte Christina Messner immer wieder den Satz: „Aber du bist doch eine Frau”, wenn sie erzählte, dass sie Komponistin sei. Dennoch sie sich sicher: „Die Generation, die heute studiert, hat es wieder ein Stück weit einfacher.” Auch wenn längst noch nicht alles gleichberechtigt ablaufen würde: „So viele Jahre war es in den Köpfen der Frauen, dass sie gewisse Dinge nicht umsetzen können. Es wird dauern, bis das ganz verschwunden ist.”
Dennoch stand für Christina Messner immer fest, dass sie sich von ihrem Traumberuf nicht abbringen lässt. Sie hofft auf eine Zukunft, in der Komponistinnen gleichberechtigt auf Festivals auftreten und in den Musikprogrammen vorkommen: „Da ist noch immer eine große Schieflage. Die Aufmerksamkeit für das Thema sei weiterhin von großer Relevanz. So blickt sie sehr interessiert auf das Liedwelt Konzert, welches sich zu Clara Schumanns 200. Geburtstag dem Thema Komponistinnen widmet.
„Ich wünsche allen Frauen, ein natürliches Gefühl und gesundes Selbstbewusstsein für ihre Berufswahl. Es wäre wünschenswert, wenn man sich künftig nicht mehr solche Gedanken machen müsste weil das Gleichgewicht hergestellt wurde.”
Ihren Weg würde Christina Messner trotzdem immer wieder so gehen: „Der Beruf hat so viele Facetten. Ich kann schreiben, mir Zeit zum Denken nehmen, mit Musikern zusammenarbeiten, genieße die Probenarbeit, spiele selbst Geige, unterrichte und mache all das mit jeder Faser gern!“
Juni 2019
Mit Desar Sulejmani sprach Christiane Nitsche
Herr Sulejmani, Sie sind Pianist, Dirigent, künstlerischer Leiter, Repetitor, Dozent, Kultur-Manager, Vereinsgründer, Orchesterleiter, Kammermusiker und noch einiges mehr. Darf man Sie einen Musicaholic nennen?
Natürlich kann man das so sagen (lacht). Ich habe viele Interessen, was musikalische Tätigkeiten angeht. Das kann ich so ausleben. Und ich war immer neugierig, andere, noch nicht erforschte Bereiche der Musik kennenzulernen. Ich sehe mich selbst auf der einen Seite als Künstler, Musiker und Dirigent – auf der anderen Seite aber auch als Organisator und Veranstalter. Dazu unterrichte ich auch gerne und leite einige Kurse, außerdem eine Akademie im Ausland. Manchmal habe ich tatsächlich das Gefühl, dass der Tag zu kurz ist.
Genau danach wollte ich fragen: Wie muss man sich einen normalen Tag bei Ihnen vorstellen? Haben Sie ein geheimes Zeitkonto, von dem Sie dem Tag zusätzliche Stunden borgen?
Ich versuche, regelmäßig und genügend Klavier zu üben, vor allem morgens. Ich übe sehr gerne morgens, das kenne ich seit meiner Kindheit in Albanien. Wir mussten ganz normal in die Schule, aber das war eine besondere Musikschule, wie man sie aus Russland kennt. Und weil der Unterricht um 8 Uhr begann, bin ich sehr früh aufgestanden. Das hat sich mir so eingeprägt. Manchmal stehe ich auch schon um 4 Uhr oder 5 Uhr morgens auf, um zu üben, weil das auch die beste Zeit dafür ist. Da ist man noch frisch im Kopf. Danach geht es mit Bürozeit weiter – je nachdem, was ich gerade organisiere. Dann geht es meistens zum Unterrichten. Und am Abend habe ich meist Proben mit Orchestern und Chören oder Konzerte und was sonst für einen normalen Musiker üblich ist. Manchmal bin ich sehr viel unterwegs, weil die Projekte auch von A bis Z verstreut sind. Es ist eben ein zeitaufwendiger Beruf. Das ist aber auch kein Problem, ich liebe das. Manchmal könnte der Tag halt einfach ein paar Stunden mehr haben um alle Sachen unter einen Hut zu bringen.
Wieviel Schlaf haben Sie dann noch im Durchschnitt?
Fünf/sechs Stunden. Viel mehr ist es nicht. Aber manchmal gibt es Tage, wo ich keine Probe habe. Dann könnte ich mir vorstellen, dass ich etwas früher als sonst ins Bett gehe.
Woher kommt diese Umtriebigkeit? Sind Sie ein Suchender oder werden Sie einfach nicht satt? Gibt es einen Auslöser dafür?
Zunächst ist die Liebe, etwas Neues zu erforschen. So wie jetzt, zum Beispiel, wenn es darum geht, mit meiner Kollegin Judith Hoffmann neue Lieder zu erkunden, kennenzulernen und einzustudieren. Oder auch neue Projekte zu realisieren oder auch zu gründen. Wenn man meinen Lebenslauf verfolgt, sieht man, dass ich es mag, Dinge zu gründen, zu formen und sie ins Leben zu führen. Ich bin auch jetzt gerade dabei, zwei große Projekte im Ausland zu realisieren – ein großes Orchester in Südosteuropa und eine neue Ausrichtung für meine Akademie in Kosovo. Das ist für mich wichtig, weil ich dadurch etwas Gutes zurückgeben kann von dem, was ich hier gelernt, erfahren und erlebt habe. Ich lebe nun seit mehr als 21 Jahren in Deutschland, bin auch deutscher Staatsbürger. Das ist meine Heimat geworden. Ich denke deutsch und fühle albanisch. Es war immer eine Art Spagat zwischen Deutschland und Albanien. Ich sehe es darum heute als persönliche Aufgabe, davon etwas zurückzugeben, was mich heute ausmacht, dadurch, dass ich hier gelebt habe.
Sie sind 40 Jahre alt, also noch vergleichsweise jung. Sie sind ja eigentlich noch dabei, Ihre Karriere weiter aufzubauen. Aber gleichzeitig spricht aus Ihren Worten eine Haltung, die viele erst am Ende eines Berufs- und Lebenswegs einnehmen. Sie tun beides parallel?
Es geht mir in erster Linie darum, dass eine Sache, die ich mache, lange Bestand hat. Ich mag einmalige Projekte nicht unbedingt so sehr. Es braucht Zeit, diese Dinge auf die Beine zu stellen. Wenn es dann klappt, ist es irgendwann praktisch ein Selbstläufer. Dadurch, dass ich viel reise, kommen mir viele Gedanken und Ideen, wenn ich Auto fahre. Die versuche ich dann am Schreibtisch umzusetzen.
Ich bin natürlich auch schon auf die Schnauze gefallen, wie jeder Mensch. Aber das hat mich nicht davon abgehalten, wieder etwas Neues anzufangen.
Gibt es Beispiele für Dinge, die nicht geklappt haben, und aus denen Sie dann gelernt haben?
Auf meinem musikalischen Weg gab es Momente, wo ich dachte: Da habe ich mir mehr erhofft. Kammermusik zu machen, zum Beispiel. Dadurch, dass sich viele Kollegen nach den Studien verstreuen, weil jeder woanders ein Engagement findet, sind zwei bis drei gute Projekte, die wir in dieser Zeit aufgebaut hatten und die mir persönlich wichtig waren, zu Ende gegangen. Wir hatten einfach nicht mehr die Zeit und Nähe miteinander, weil Deutschland eben ein großes Land ist. Ich habe Kollegen, die leben 800 Kilometer entfernt. Wären wir in meiner alten Heimat Albanien gewesen, würden wir heute noch zusammen spielen. Aber: Wenn wir uns treffen, egal wie viel Zeit vergangen ist, ist die damalige Stimmung sehr schnell wieder zu erleben. Und das ist etwas Besonderes. Dieses Erlebnis, diese Art von großer musikalischer Zuneigung habe ich leider nicht mehr in dem Sinne – bis auf Judith Hoffmann. Natürlich sind die neuen Sachen genauso wichtig, aber manchmal ist es so: Ich liebe Kammermusik sehr, aber ich habe gelernt, dass das eine Betätigung im Leben eines Künstlers ist, die sehr behutsam gepflegt werden sollte. Das ist mit hohen sozialen Kompetenzen der jeweiligen Musiker verbunden. Das heißt, man muss daran arbeiten, genau wie in einer guten Freundschaft, einer Ehe, einer ganz normalen menschlichen Beziehung. Diese Art von Zuneigung, dieses voneinander lernen und miteinander Musik zu machen – das ist etwas Wichtiges, etwas Persönliches. Wenn man das lange Zeit machen kann: Das ist ein Geschenk. So wie mit meiner geschätzten Kollegin Judith Hoffmann.
Sie kennen Judith Hoffmann auch schon vom Studium her. Was zeichnet ihre Zusammenarbeit aus?
Wir kennen uns seit etwa 20 Jahren. Ich weiß nicht mehr, wann wir das erste Mal miteinander musiziert haben. Aber es ist schon sehr lange her. Es gab Zeiten, wo wir nichts miteinander zu tun hatten, weil sie eben auch 600 Kilometer weit weg gewesen ist. Dann kam sie zurück und da haben wir uns wieder gefunden. Wenn es etwas Wahres ist, was einen früher verbunden hat, dann hält das auch. Dann trägt man das mit sich.
Wie entstand die Idee für das Mahler-Konzert? Was verbindet Sie persönlich mit den Liedern Alma Mahlers?
Es ist ein Impuls von Judith gewesen. Sie hatte sich etwas intensiver mit dem Thema beschäftigt. Dann kam sie eines Tages, brachte Noten mit und sagte: Hör dir das mal an. Ich hatte zufälligerweise kurz zuvor angefangen, die Erinnerungen von Alma Mahler zu lesen. Obwohl ich eigentlich nicht an Zufälle glaube. Wobei Judith den ersten Impuls gab, ich war eher von der historischen Seite der Alma Mahler interessiert. Mit ihren Liedern hatte ich mich noch nicht so beschäftigt. Dadurch, dass ich sie jetzt besser kennenlerne, finde ich das schade. Wir finden sie beide als Persönlichkeit sehr interessant. Und wenn wir uns wie jetzt intensiv mit dem Programm beschäftigen, finden wir es immer wieder interessant, sie, ihre Gedanken und ihre Zeitgenossen vorzustellen. Egal, ob man sie mag oder nicht. Wir versuchen, neutral zu sein, die Persönlichkeit darzustellen, ohne Teil des Urteils zu sein. Unser Anliegen ist es, ihre Vorstellung musikalisch zu begleiten. Alles andere darf und soll der Zuschauer, darf das Publikum erleben und natürlich auch die eigene Meinung bilden. Möglichst ohne Vorurteile. Sie ist eine umstrittene Persönlichkeit, zweifelsohne.
Wobei Sie sich in ihrer Umtriebigkeit doch durchaus wiederfinden können, oder?
Ja genau (lacht). Ich finde es interessant. Für manche ist es anstrengend, das gebe ich zu. Aber diese Neugierde muss irgendwie gestillt werden. Man hat nicht selten das Gefühl, etwas zu verpassen. Das kann ich sehr gut verstehen. Aber das ist im Grunde gut. Es macht einen lebendig. Aber für einen selbst kann es sehr ermüdend sein.
Das Konzept für das Mahler-Programm haben Sie schon im vorigen Jahr erfolgreich im Liedsommer auf die Bühne gebracht. Gibt es Veränderungen, wenn Sie es nun wieder spielen?
Nein, wir haben nichts verändert – nichts an der Dramaturgie und an der Reihenfolge der Lieder. Aber es kann schon sein, dass wir noch das eine oder andere Lied tauschen oder die Ordnung ändern. Glauben tue ich es aber weniger, denn für uns war das Ganze aus einem Guss, so wie wir es erlebt haben. Außerdem folgt das Ganze einem roten Faden.
Musikalisch ist es natürlich immer ganz anders. Das ist immer so, wenn wir miteinander musizieren. Dadurch, dass wir uns so gut kennen, gibt es da einen großen Spielraum für spontanes Musizieren. Ich kenne ihren Atem sehr gut. So gut, dass ich blind um drei Uhr nachts mit ihr musizieren könnte und sie als Pianist auf den Händen tragen könnte. Ich denke, das weiß sie auch. Das musikalische Vertrauen ineinander ist sehr groß.
Für jemanden, der stets Neues versucht – ist da die Wiederholung nicht eine besondere Herausforderung? Keine Angst vor Langeweile?
Langweilig wird es für mich nicht. Wir haben das letzte Mal vor ein paar Monaten das Programm gespielt, und seither haben wir uns als Musiker entwickelt. Durch die Erfahrungen, die sie gemacht hat, und die ich gemacht habe, kommen wir ganz anders zueinander als vor fünf oder sechs Monaten. Von daher ist es jedes Mal ein Wiedertreffen, da wo wir aufgehört haben. Und da machen wir weiter. Das ist das Spannende daran. Es kann viel Zeit vergehen, aber es ist jedes Mal, als wäre es gestern gewesen. Wir sprechen auch oft über die Intensität, die sich da musikalisch einstellt.
Vor allem im Liedbereich braucht es diese Intensität. Das habe ich schon in meinem Studium erlebt. Wenn man die nicht herstellen kann, ist man da fehl am Platz. Man muss auch in der Lage sein, das sehr schnell abzurufen.
Wenn wir noch einmal an den Anfang des Gesprächs gehen. Welche der genannten Tätigkeiten würden sie gern intensiver verfolgen?
Komponist bin ich im Grunde nur für mich oder meine Kinder. Dafür fehlt mir einfach die Zeit. Ich würde gerne etwas mehr experimentieren können. Vielleicht etwas weniger Organisatorisches. Im Grunde bräuchte ich einen Assistenten, der so wie ich denkt, ohne dass ich mich erklären muss. Das ist das Dilemma (lacht).
Ich würde auch gerne mehr Lieder komponieren, im Bereich des Kunstliedes. Vor vier bis fünf Jahren habe ich begonnen, einen Liederzyklus zu komponieren. Es sollten acht Lieder werden. Bisher sind nur zwei fertig geworden. Was ich sehr schade finde, weil es auch gute Texte gibt. Ich mache mir dann Notizen, aber bis auf ein paar kleine Motive, die irgendwo versteckt sind, habe ich es nicht geschafft, weil ich eben auch einen hohen Anspruch habe. Aber das ist etwas, dass ich gerne auch mit Judith machen würde – für sie etwas komponieren, das wir dann im Rahmen eines Programms präsentieren könnten. 2019 wird das nichts, weil ich sehr viel zu tun habe. 2020 vielleicht auch noch nicht. Aber zwischendurch werde ich es vielleicht versuchen.
Ansonsten bin ich froh, wenn meine Projekte klappen, so wie ich sie angelegt habe. Aber ich mache auf jeden Fall weiter, wo meine Gedanken mich hin führen. Nicht erfüllten Sachen trauere ich nicht nach.
Sie sind ja noch vergleichsweise jung – da bleibt doch noch Zeit für Pläne?
Ja, das stimmt. Das Leben ist aber doch nicht sooo lang. Es kann ziemlich schnell vergehen. Wenn ich zurückdenke, denke ich: Es ist schon so viel passiert.
Beim Alma-Mahler-Programm treten Sie auch hinter dem Klavier hervor. Wenn Sie nicht Pianist geworden wären – wären Sie gerne Sänger?
Ich war immer eher der Mensch, der ohne Worte auf die Bühne gegangen ist. Was meine Stimme betrifft, war ich ein introvertierter Mensch. Aber nachdem ich teilweise gezwungenermaßen es machen musste, habe ich mit den Jahren auch Spaß daran gefunden. Ich habe keine Scheu mehr. Früher hätte ich gesagt: Ich kann nicht singen. Das tue ich nicht mehr. Wenn ich etwas vorsinge, was ja in meinem Beruf nicht unüblich ist, denke ich, dass man das schon anhören kann. Aber ich würde nicht sagen, ich wäre gerne Sänger geworden, nein. Ein Sänger, vor allem ein Opernsänger, muss darstellen, muss schauspielern, sich präsentieren. Ich bin eher der, der von unten aus dem Orchestergraben das Ganze mit meinen Händen organisieren und zusammenfügen möchte. Diese erste Rolle überlasse ich gerne anderen. Wenn ich unten gut bin, dann habe ich mehr als genug getan, um den anderen zu helfen. Das ist letztendlich auch das Wesentliche. Ich muss kein Sänger sein. Dafür bin ich Pianist und Dirigent. Ich liebe es, mit Sängern zu arbeiten und finde es immer faszinierend, was mit der Stimme alles möglich ist.
Mein großes Glück ist, dass ich die beiden Berufe Pianist und Dirigent miteinander kombinieren kann. Mir ist beides sehr wichtig. Ich spiele wie ein Dirigent und ich dirigiere wie ein Pianist.
April 2019
Mit Lucas Singer sprach Christiane Nitsche
Herr Singer, Sie haben zuletzt im April 2019 an der Oper Köln bei Walter Braunfels’ Heiliger Johanna mitgewirkt, die gleich auf mehreren Ebenen eine Parabel über Widerstand und Selbstzweifel ist. Wie gelingt danach der Umstieg in die Romantik der Liedwelt?
Für uns Opernsänger ist es ja völlig normal, zwischen den Epochen und Stilen zu springen. Das gehört zum Alltag dazu. Es ist täglich Brot, dass man flexibel bleibt. An der Oper Köln spielen wir zwar momentan durch das Interim bedingt ensuite, aber an den meisten deutschen Stadt- oder Staatstheatern kann es durchaus passieren, dass man an einem Abend eine Händel-Oper singt, am nächsten Tag die Zauberflöte und am Tag drauf vielleicht Wagner. Da muss man einen Weg für sich finden. Die Stile muss man sich aneignen und danach auch wach halten. Natürlich gibt es Spezialisten, die sich beispielsweise verstärkt auf das barocke Repertoire verlegen, oder auf die Romantik. Aber das kann man sich als Ensemble-Mitglied eines solchen Theaters nicht immer leisten. Allerdings ist das auch etwas, das großen Spaß macht. Ich genieße es sehr, einen Abend dies zu machen und den nächsten etwas ganz unterschiedliches.
Es ist also eher Freude als Herausforderung?
Schon eine Kombination aus beidem. Ich singe ja auch viele Konzerte im Oratorienfach und ähnlichem, und das ist natürlich wieder etwas ganz anderes. Es kann sein, dass sonntags morgens eine Bach-Kantate ansteht und abends dann Parsifal. Aber das eine bedingt ja zum Teil auch das andere. Ich genieße es jedenfalls, das Breitgefächerte machen zu können. Das mag nicht jeder, das weiß ich. Ich schon.
Erklärt sich so auch die Programmauswahl für die Loewe-Matinée?
Die Loewe-Balladen sind im Grunde kleine Mini-Opern. Denen schadet es nicht, wenn man da mit etwas opernhaftem Gestus reingeht. Bei Schubert ist es anders, aber ich würde sagen, das lässt sich gut vereinbaren.
Gibt es denn bei aller Liebe zum großen Repertoire so etwas wie Favoriten?
Die deutsche Romantik und Spätromantik – das ist ein Stil, den ich sehr mag. Strauß und Wagner, das ist fantastische Musik. Aber auch in der Symphonik: Bruckner und Mahler. Für mich ist das Musik zum Reinlegen und Eintauchen. In einen Wagner-Ring kann man sich richtig versenken. Das liegt mir sehr. Aber ich mag auch die italienische Romantik: Verdi, Puccini. Das singe ich sehr gerne. Mozart-Opern sind auch fantastisch. Als ich noch Klavier studiert habe, habe ich auch Debussy sehr gerne gespielt. Brahms, Bach… Ich liebe die Bach-Passionen. Je länger ich darüber nachdenke: Es fällt mir schwer, mich festzulegen.
Ich liebe Schubert. Leider gibt’s von Schubert nicht viel für die Oper. Oder Gott-sei-Dank – ich weiß es nicht (lacht). Aber Schubert instrumental, das ist fantastisch; die Klaviermusik finde ich unglaublich toll. Und die Lieder sowieso.
Was ist es, was Sie sich versenken lässt?
Wenn ich an die Oper denke, ist es die Üppigkeit, das Überbordende, was vielleicht manchmal auch ein bisschen kitschig sein mag. Was mir bei Verdi und Wagner in den Sinn kommt, sind diese riesig instrumentierten Szenen und die langen musikalischen Bögen. Das sind wirklich Welten, in die man eintauchen kann. Auf der anderen Seite ist es auch das Gefühlsbetonte, wobei das interessanterweise bei den Liedern, die ich für unsere Matinée von Schubert ausgewählt habe, nicht so im Vordergrund steht. Bei Loewe ist es eher das Balladenhafte, das vielleicht auch nicht so sehr auf eine gefühlsmäßige Innenwelt zielt.
Was charakterisiert denn die Stücke, die bei der Loewe-Schubert-Matinée auf dem Programm stehen? Ist es das Drama?
Was bei beiden, also Loewe und Schubert, in unserem Programm Thema ist, sind die „Grenzen der Menschheit“. So auch der Titel eines der Schubert-Lieder und des Programms vom 9.6.2019. Es geht um die Zwischenwelt, die Schnittstelle zwischen Diesseits und Jenseits, da wo die irdische Welt immer wieder verhandelt wird.
Bei Loewe ist es oft ein bisschen wie beim Tatort. Es hat etwas vom Krimi. Ewig lang gibt es diese ungeklärte Situation, der Krimi spitzt sich zu und dann kommt am Ende in den letzten zwei Takten die Auflösung oder einer ist plötzlich tot. Die Romantik hat eben auch dieses Erzählerische. Das finde ich sehr spannend.
Steht das Programm schon? Können Sie schon verraten, welche Lieder dabei sein werden?
„Grenzen der Menschheit“ auf jeden Fall. Schuberts „Sehnsucht“, und eines seiner „Abendrot“-Lieder. Wir überlegen außerdem, die „Fahrt zum Hades“ reinzunehmen. Ein sehr lustig-makaberes Lied ist das „Totengräberlied“: quasi eine Dankes-Ode des Totengräbers an seinen Spaten, der ihm den Lebensunterhalt ermöglicht. Ich weiß aber noch nicht, ob es reinkommt. Dann gibt es „Auf der Donau“, wo der Schiffer mit seinen Gedanken in eine Zwischenwelt abdriftet. Beim Erlkönig sind wir noch nicht hundertprozentig sicher – wahrscheinlich wird es nicht der Schubert, sondern der Loewe. Der würde natürlich super passen. Aber es besteht immer die Gefahr, dass man nur die Bekannten nimmt. Wahrscheinlich machen wir auch den „Nöck“.
Diese Loewe-Balladen, das ist ein Universum. Da gibt es soviel zu entdecken. Es gibt sehr viel Material. Ich fürchte, nicht alles, was ich gerne machen möchte, passt rein. Ich habe aber ein paar Lieder ganz neu für mich entdeckt. „Tod und Tödin“, zum Beispiel, wo es darum geht, wie der Tod und seine Frau ihren Alltag gestalten. Das ist eine ganz süße Miniatur, ein super Stück. Leider wird Loewe nicht mehr so viel gespielt. Darum dachte ich mir: Zum 150. Todestag, da kann man noch mal gezielt viel Loewe machen.
Haben Sie eine Idee, warum Balladen generell weniger populär geworden sind?
Ich glaube, das liegt daran, dass da so wenig Raum für Interpretation auf verschiedenen textlichen Ebenen ist, weil die Ballade im Grunde einfach eine Erzählung ist. Das, was gesagt werden soll, wird gesagt. Und die Gefahr ist, dass man das vielleicht manchmal Kitschige darin, das nicht so unglaublich Doppelbödige, als einfach abstuft. Aber ich habe das Gefühl, dass das, wenn man sie ernst nimmt, durchaus unterhaltend sein kann. Es gibt schon etwas nachzudenken, und auch mitunter den Fingerzeig. Vielleicht ist die Gefahr: dass es auf den ersten Blick zu simpel wirkt und zu kitschig. Loewe kann durchaus auch etwas hausbacken wirken. Vielleicht sind wir Bässe auch etwas einfach gestrickt (lacht). Aber ich finde, gerade für die Bässe gibt es da sehr dankbare Sachen. Ich habe ja viel mit Kurt Moll gearbeitet, der die Loewe-Balladen sehr geliebt hat. Und wenn jemand die Loewe-Balladen am Leben halten kann, dann sind es vielleicht traditionell wir Bässe.
Sie sprachen von der technischen Ebene, über die Sie sich die Breite an Repertoire erhalten. Gibt es daneben noch andere Wege für Sie, sich auf diese Welt einzustimmen?
Wenn ich von der Oper ausgehe, sind es die Rollen, die sich anbieten; dass man sich da reingibt. Technisch ist es wie bei einem Instrumentalisten auch. Ein Geiger muss seinen Bogen bei einem Barockstück anders führen als bei einem romantischen. Das ist bei uns ähnlich. Je weiter es in die Moderne geht, wird es mehr Sprechgesang, zum Beispiel. Auf der inhaltlichen Ebene geht es über die Rollen und natürlich über den Text. Das ist der Vorteil eines Sängers, dass er den Text hat, der Vorgaben macht. Da ist das Fahrwasser schon in eine Richtung geklärt.
Das bringt mich zu einer anderen wichtigen Frage: Was hat Sie denn bewogen, vom Klavier zum Gesang zu wechseln?
Gute Frage. Weniger Üben! (lacht) Aber im Ernst: Ich komme aus einer Sängerfamilie und habe mich zuerst auf ein anderes Feld verlegt – wohl, weil das zuhause schon belegt war. Ich habe lange nicht gesungen. Aber irgendwann hat es mich doch wieder eingeholt. Im Klavierstudium hatte ich Pflichtfach Gesang, musste also singen. Darüber bin ich langsam wieder dazu gekommen. Es hat mir dann immer mehr Spaß gemacht und irgendwann hat’s mich dann doch gepackt. Und ich dachte mir: Probier’s doch einfach aus. Dann habe ich die Aufnahmeprüfung in Köln bestanden, und es ist immer so weiter gegangen. Parallel habe ich noch Kunst- und Kulturmanagement studiert, weil ich eigentlich gar nicht so sehr in die ausübende Richtung gehen wollte.
Aber das Singen hat schleichend immer mehr Raum eingenommen. Wenn man sich dann doch intensiv mit der Sache auseinandersetzt, packt es einen. Als ich den Studienplatz bekam, dachte ich: Jetzt versuchst du es auch. Zuerst habe ich dann noch nebenbei Klavier unterrichtet, aber irgendwann war klar: Das Singen war raumgreifend geworden. Als ich dann ins Opernstudio Köln kam, war klar: Ich muss mich jetzt auf diese eine Sache konzentrieren.
Nichtsdestotrotz spiele ich natürlich viel Klavier, um meine Stücke einzustudieren oder um Stücke kennenzulernen. Das ist mein Vorteil: dass ich mir vieles selbst aneignen kann, wofür ich sonst einen Repetitor bräuchte. Insofern ist das Klavier schon immer noch dabei, aber ich gehe nicht mehr auf die Bühne damit. Und da komme ich zu dem, was ich zuerst sagte: Klavier braucht Minimum vier bis fünf Stunden Üben am Tag. Die habe ich einfach nicht mehr zur Verfügung.
Sie haben ja dafür nun mit Elnara Ismailova eine versierte und viel gepriesene Liedbegleiterin an ihrer Seite.
Genau. Wir arbeiten schon seit Jahren zusammen. Sie war meine Repetitorin in der Hochschule und auch in verschiedenen Meisterkursen. Wir kannten uns schon vor meinem Studium und haben uns dann an der Hochschule wieder getroffen, in Essen und in Köln. In letzter Zeit kommen wir leider nicht mehr so viel dazu, etwas zusammen zu machen, weil die Oper doch sehr raumgreifend ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Umso mehr freut es mich, dass wir jetzt dieses schöne Programm miteinander musizieren werden.
Wie viel Zeit widmen Sie dem Singen täglich?
Das ist unterschiedlich. Wenn ich morgens Probe an der Oper habe und abends eine weitere Probe oder Vorstellung, sehe ich zu, dass ich dazwischen Ruhe habe. Je mehr Oper ich singe, umso mehr merke ich, dass die Stimme zwischendurch Erholung braucht. An meinen freien Tagen versuche ich aber schon, mich Minimum zwei bis drei Stunden mit der Sache zu beschäftigen. Das kann Notenlesen sein, Technikübungen, Textlernen; das ist wie Fingerübungen am Klavier. Aber natürlich gibt es auch Tage, wo ich mich vier bis fünf Stunden einschließe, um meine Sachen zu lernen. Dann singe ich aber nicht die ganze Zeit.
Sie sind jetzt 36 Jahre alt. Wie sehen Sie Ihre Zukunft – was kann und soll noch kommen?
Ich genieße es momentan sehr, in Köln meinen Hauptsitz zu haben und fest am Haus zu sein. Die Perspektive ist aber sicher, dass man mehr und mehr freischaffend macht. Das ist die klassische Laufbahn. Aber ich glaube, ein Stammhaus würde ich gerne behalten. Die Verbundenheit zu einem Ort, die gibt mir viel. Ich glaube, ich brauche immer zumindest so etwas wie eine Teilbasis. Und ich genieße es sehr, dass das momentan die Oper Köln ist, in dieser schönen Stadt.
Zum Schluss die vielleicht wichtigste aller Fragen: Was bedeutet es Ihnen, ein Sänger zu sein?
Das Klischee – aber auch die Wahrheit – ist, dass man sein eigenes Instrument ist. Dass es eine andere Stufe von Erleben ist, wenn man selbst den Klang produziert, als wenn es über ein Medium wie ein Instrument passiert. In Kombination mit dem schauspielerischen Aspekt, also in eine Rolle zu schlüpfen – das ist noch mal eine ganz andere Ebene. Sie haben immer diese drei Faktoren: Sie müssen Künstler, Instrument und Rolle sein. Diese Kombination macht es kompliziert, aber auch total spannend. Und sehr erfüllend.
13. März 2019
Mit Konstantin Paganetti sprach Elena Sebening
Konstantin Paganetti ist 23 Jahre alt und studiert an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln Gesang. Am 8. Mai 2019 ist der Bariton in einer Jacques Offenbach Revue im Kölner Domforum zu hören, die im Rahmen des Liedsommer 2019 geplant wurde. Im Interview erzählt er von seinen ersten musikalischen Berührungspunkten und was das Lied für ihn bedeutet.
Der Bariton Konstantin Paganetti wuchs in einem musikalisch geprägten Elternhaus in Neuwied am Rhein auf. Der 23-Jährige studiert seit 2015 an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln Gesang bei Christoph Prégardien. Paganetti ist gefragter Solist und Ensemblesänger und verbrachte bereits Zeit bei Chorproben und Gesangstunden, bevor er sprechen konnte.
„Meine Eltern sind Kirchenmusiker und haben viel für Alte Musik übrig. Schon als Kind wurde ich von ihnen an das Kunstlied herangeführt“, erzählt er. Der musikalische Geist der historischen Aufführungspraxis liegt Konstantin besonders am Herzen. Nachdem er in den Kinderchören seiner Mutter gesungen hatte, wirkte er in der Kantorei St. Matthias Neuwied mit. Weitere musikalische Impulse erhielt er vor allem von seinem Vater im Kammerchor Neuwied, aber auch im Landesjugendchor Rheinland-Pfalz und im Kölner Kammerchor von Peter Neumann.
Mit der Zeit entwickelte Paganetti ebenfalls ein großes Interesse für historische und moderne Tasteninstrumente. Regelmäßig setzt er in Liederabenden auch seinen Hammerflügel als Begleitinstrument ein. Vor allem die außergewöhnlichen Klangfarben der alten Instrumente reizen ihn sehr. „Besonders spannend wird es, wenn man in einem Konzert beispielsweise Mozart-, Haydn- und Beethoven-Lieder auf einem Instrument der Wiener Klassik und romantische Kunstlieder auf einem modernen Konzertflügel präsentieren kann. Das ist zwar sowohl für mich als Sänger, als auch für den Pianisten eine große Herausforderung – für das Publikum aber eine willkommene klangliche Abwechslung und Differenzierung. Wir dürfen da nie aufhören neue Wege zu gehen“, findet der Sänger.
Neben Cello- und Klavierunterricht begann er vor zehn Jahren Gesangsunterricht bei seinen Eltern zu nehmen. Mittlerweile studiert er an der Kölner Musikhochschule Gesang und freut sich, die künstlerische Ausbildung mit all ihren praktischen Einheiten und dem individuellen Einzelunterricht dort genießen zu dürfen. „Wir haben in den letzten Semestern des Bachelors viele Möglichkeiten und Freiheiten.“ Konstantin Paganetti wird voraussichtlich 2020 seinen Bachelor beenden. Wo er sein Studium im Master weiterführen wird, steht noch nicht fest.
Kammermusik in Reinform
Klar ist jedoch, dass er sich auch in Zukunft intensiv mit der Gattung Kunstlied beschäftigen wird. „Das Lied trifft den Menschen ganz unmittelbar und wenn man sich als Zuhörer nicht komplett verschließt, können wir Künstler zusammen mit dem Publikum neue Welten entdecken. Dann berühren uns die Lieder auf intensive Weise“, sagt der 23-Jährige. Für ihn ist das Lied „Kammermusik in Reinform“ und „eine der schönsten und natürlichsten Arten mit Menschen in Kontakt zu treten und zu kommunizieren“. Durch das Lied könne man sich auf unterschiedlichste Weise verwirklichen. Sowohl die Beschäftigung mit den Liedtexten, als auch das Erarbeiten großer Liedzyklen sei stets eine erfüllende Herausforderung. „Ich frage mich dann immer was mit dem lyrischen und erzählenden Ich passiert, möchte den Text durchdringen verstehen, bevor ich ihn selbst interpretiere“, sagt Paganetti.
Einen Zugang müsse man selbst finden, ob durch den Text oder die Musik. Eine große Ehre sei für ihn die künstlerische Zusammenarbeit mit anderen Liedgrößen wie den Pianisten Michael Gees und Christoph Schnackertz, mit denen er 2018 erstmalig zusammen Liederabende gestaltete. Als weitere musikalische Höhepunkte beschreibt er seine Aufführungen der Winterreise von Franz Schubert zusammen mit dem Pianisten Eric Schneider im Jahr 2017.
„In den letzten fünf Jahrhunderten europäischer Musikgeschichte wurde unfassbar viel gute Musik geschrieben, ich entdecke immer wieder Neues.“ Die Musik und die Beschäftigung mit Liedern habe ihm durch unterschiedliche Lebensphasen geholfen. „Die Musik gehört zu den wenigen Dingen des Lebens, die einen nie im Stich lassen und immer für einen da sind. Das ist schon ein ganz großer Luxus.“
In neue Charaktere schlüpfen
Am 8. Mai 2019 wird es im Kölner Domforum die Premiere einer Jacques Offenbach Revue geben. Gemeinsam mit Schauspielern wird der Abend kammermusikalisch inszeniert und bringt die Charaktere lebhaft in eine ganz neue Operette auf die Bühne. „Auf Stichwort schlüpfen wir in unterschiedlichste Rollen“, verrät Paganetti.
Neben dem Lernen für die Hochschule und neuem Repertoire sowie Proben seien auch Auszeiten wichtig. „Da aber alles viel Freude macht und genau das ist, was ich machen möchte, investiere ich gerne meine Zeit“, so der Bariton. Der Kontakt mit Kollegen und die vielfältigen Möglichkeiten und Arbeitsfelder als Lied- und Konzertsänger machen für ihn den Reiz seiner Arbeit aus. „Meine Eltern haben mich zum Glück immer auf meinem Weg unterstützt.“
In Zukunft möchte sich der 23-Jährige auch weiterhin mit dem Lied auseinandersetzen: „Es ist privat und unmittelbar, möchte Menschen berühren und Welten entdecken“.