
„Mit Leidenschaft, Hingabe und aus tiefstem Herzen“
Ein inszeniertes Konzert über Alma Mahler
„Almschi“ – so wurde die Komponistin, Mäzenin und Muse Alma Mahler-Werfel von vielen ihrer Freunde und Bewunderer liebevoll genannt. Der Titel, den die Sopranistin Judith Hoffmann und ihr Pianist Desar Sulejmani für diesen Abend in Oberpleis gewählt hatten, erinnerte an die Beschreibung Arnold Schönbergs, einem Freund Mahler-Werfels: „Gravitationszentrum eines eigenen Sonnensystems, von Satelliten umkreist“.
Zeitreise in den bürgerlichen Salon
Und in der Tat gelang es Hoffmann und Sulejmani in ihrem inszenierten Konzert im Rahmen der Reihe Pro Klassik e.V., genau in dieser Form die Musikerin und schillernde Persönlichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts darzustellen: ‚Almschi‘ und ihre Beziehungen zogen sich als dramaturgischer Faden durch das literarisch-musikalische Programm. Das Bühnenbild in Form einer Sitzecke, wie man sie aus den Salons kennt, unterstützte dabei den Eindruck, zu einer kleinen Zeitreise eingeladen zu sein.
Musikalisch kamen in der schmucken und behaglichen Bauhauskirche in Königswinter-Oberpleis die wichtigsten musikalischen, aber auch persönlichen Bezugspunkte Alma Mahlers zu Wort. Angefangen bei ihrem Kompositionslehrer Alexander Zemlinsky, der ihr Talent zu einer Zeit sah und förderte, als die Förderung von Komponistinnen noch völlig unüblich war. Nachdem er sie das Komponieren gelehrt hatte, stellte ihr erster Ehemann, Gustav Mahler, eines ganz schnell klar: sie solle Eheweib, aber nicht Kollegin sein. Obschon sie diese Ansicht so gar nicht teilte, gab sie ihm zuliebe das Komponieren auf. Denn eines wurde an diesem Abend mehr als deutlich: wenn Alma Mahler etwas tat, dann mit Leidenschaft, Hingabe und aus tiefstem Herzen. Von vielen aufgrund ihrer Ehen und Liebschaften verachtet, zeichneten Judith Hoffmann und Desar Sulejmani das Porträt einer starken und leidenschaftlichen Frau, die ihr Leben nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“ zu leben schien.
Großartiges künstlerisches Feingefühl
Mit Alban Berg und Arnold Schönberg kamen auch Komponisten zu Wort, mit denen sie eine lange und sehr innige Freundschaft verband, Erich Korngold gehörte zu den Freunden im amerikanischen Exil, der junge Benjamin Britten wiederum bildete den Brückenschlag zur nächsten Generation und der chansonhafte Abschluss von Tom Lehrer (* 1928) war jüngsten Datums.
Judith Hoffmann brillierte nicht nur in ihrer Rolle als Interpretin des ganzen musikalischen Alls um Alma Mahler und deren eigener Lieder, sondern führte auch als Sprecherin durch den Abend und das Leben Alma Mahlers. Mit Leichtigkeit wechselte sie von Sprech- zu Gesangsstimme und setzte ihren Humor, Charme und ihr schauspielerisches Talent gekonnt ein, wobei sie als Sprecherin zwischendurch auch von Desar Sulejmani unterstützt wurde.
Mit den verschiedenen Abschnitten in Alma Mahlers Leben schloss sich zunehmend der Kreis und somit füllten sich auch die anfänglich leeren Bilderrahmen der Bühne. Zwei Gemälde von Alma Mahler waren dort nach und nach mosaikartig entstanden.
Die Auswahl der Werke hatten die beiden Musiker nicht nur an die Biographie Alma Mahlers angepasst, sondern auch atmosphärisch mit großartigem Feingefühl gewählt.
So war der kurzweilige und hochspannende Liederabend ein hervorragender Auftakt zum ersten Bonner Liedsommer und zugleich ein beredtes Beispiel dafür, wie ausdrucksstark ein Liederabend sein kann – wenn er so klug gestaltet und leidenschaftlich konzipiert und umgesetzt wird wie von Judith Hoffmann und Desar Sulejmani.
Text: Verena Düren
Photo © privat
Zum Konzert am 27. Mai 2018