
Naré Karoyan über ihre unvergesslichen Konzerterlebnisse und das perfekte Publikum
Gehen Sie gerne wandern? Wo? Warum?
Auch wenn ich leider nicht so oft schaffe wandern zu gehen, ist es trotzdem ein Augenblick der Freiheit. Die Natur schafft es jedes Mal die in Verwirrung geratenen Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken und das Wichtige vom Nebensächlichen zu trennen.
Ihr heißer Literaturtipp?
Mikhael Bulgakovs „Meister und Margarita“ in dem das Emotionale und Absurde, das Historische und Surreale, das Phantastische und Alltägliche nebeneinander gestellt werden, war wohl das außergewöhnlichste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.
Ein Bild oder eine Skulptur das ein Lied verdient?
„Der Garten der Lüste“ ist ein Triptychon von Hieronymus Bosch, das in Madrid zu besichtigen ist. Beim Anblick dieses Bildes muss ich unwillkürlich an das Requiem von György Ligeti denken. Vor allem an das „Dies irae“ daraus. Ein Lied in dessen Zentrum dieses Renaissance-Gemälde steht, wäre sowohl für Sänger als auch für die Pianisten eine Herausforderung.
Ihre favorisierte Lied-Aufnahme?
Ian Bostridges und Julius Drakes 25 ausgewählten Lieder von Franz Schubert haben mein Verhältnis zum Lied auf eine sehr emotionale Stufe gebracht.
Ihr letzter Ohrwurm?
Matthias Goernes und Eric Schneiders Liederkreis op 39 Nr. 1 von Robert Schumann. Die samtige Stimme von Goerne gibt diesem Lied etwas sehr Intimes.
Graben Sie gerne in Archiven?
Ja, es passiert immer wieder, dass mich der Entdeckergeist packt und ich mich auf die Suche nach verstaubtem Brauchbarem mache. Nach erfolgreicher Suche fühle ich mich wie Gollum aus „Herr der Ringe“, der mit dem Ring in der Hand und den glühenden Augen „My precious“ ruft.
Ein unvergessliches Konzerterlebnis?
Glücklicherweise gibt es davon viele, wenn ich an mich als Zuhörerin denke. Konzerte von Cecilia Bartoli zählen immer dazu, eine konzertante Aufführung von der Oper von George Benjamin „Written on Skin“ mit dem Komponisten am Pult und der unglaublichen Barbara Hannigan als Agnès, ein Konzert von Arkadi Volodos in Heidelberg mit der Sonate B-Dur von Franz Schubert…
Ihr Lieblingsort für einen Liederabend?
Jeder Ort mit einer schönen Akustik, die die Musik unbemerkt von ihrer besten Seite zeigt und kleine Unregelmäßigkeiten kaschiert, so wie dezenter Make-Up es tut, gewinnt die Musikerherzen ganz schnell.
Wie stellen Sie sich das perfekte Liederabend-Publikum vor?
In jedem Konzert, ob es ein Liederabend ist oder ein Klavierabend wünsche ich mir ein möglichst offenes Publikum. Ein Publikum, das bereit ist sich überraschen zu lassen und die eigenen Vorurteile zu hinterfragen.