„Macht es Ihnen Spaß heute Abend?“
Luther und die Reformation – Legenden und Balladen
Der Geschichtsverein Unkel e.V. widmet sich 2017 zum 23. Mal eine Woche dem Komponisten Carl Loewe. Für den sonntäglichen Liederabend am 25.6. öffneten die Besitzer der Burg Unkel die Türen ihres wunderschönen Wohnsitzes gleich am Rhein.
Mit Blick auf den breiten Strom und das Siebengebirge gab es einen gesellig-entspannten sommerlichen Sonntagsausklang zu erleben: Der Liederabend von Marc Rosenthal (Tenor) und Mark Unkel (Klavier) rankte sich thematisch geschickt gewoben um das Thema „Luther und die Reformation“, wozu Lieder, Legenden und Lyrische Fantasien Loewes mit Exkursionen in die Oratorien von G.F. Händel kombiniert wurden.
Tenorale Bravour leitet durch die Tücken der eigenwilligen Stimmführung
Wenn man bedenkt, dass Loewe selbst von der evangelisch-lutherischen Kirchenmusik kommt, ist der Schritt vom Oratorium zum Kunstlied, das einen Schwerpunkt auf religiöser Symbolik hat, nicht mehr weit hergeholt. Aber zunächst gab es eine einleitende Canzonetta zu hören, die gleich mit den Tücken der Loewe’schen Stimmführung Maß nahm. Hat doch Carl Loewe die meisten seiner Lieder für sich selbst geschrieben – natürlich so, wie es für ihn gut lag, ärgern sich die Sänger, die seine spannenden Werke interpretieren, mit den Anforderungen seitdem herum: Von recht tiefen, fast parlierenden Passagen aus schwingt sich die Melodie unvermutet mit großen Intervall-Sprüngen in tenorale, glänzende Höhen, ein Schema, das der Tenor Mark Rosenthal durch den gesamten Liederabend hindurch mit großer Bravour präsentierte.
Kluge Konzeption für inhaltlich starke Spannungsbögen
Nun erschloss sich der erste Teil mit spannenden Legenden und Geschichten, die in den Gedichten verwoben waren durch eben jene Verwendung christlicher Symbolik. Jedoch werden nicht unbedingt „heilige“ Geschichten erzählt, viel Weltliches, Liebe, Leid und Leben rückt in direkten Kontakt zur Luther’schen Gedankenwelt. Und so wurde der Einschub der zu Herzen gehenden Arie des erblindeten Samson ganz logisch von Stimmung und Sujet erreicht – ein kluger und ungewöhnlicher Bezug zum Händel’schen Oratorium in einem Liederabend. Rosenthal sang die Arie mit geschlossenen Augen, was die Dramatik berührend verstärkte.
Überhaupt präsentierte sich Rosenthal als eindringlicher Erzähler, der mit Gestik und Blicken den direkten Kontakt zum Publikum suchte. Den ersten Teil beschloss „Jerusalem of Gold“ – ein hebräisches Lied, das sich wiederum als sehr glückliche Paarung mit den vorherigen deutschen Liedern erwies und eine neue thematische Brücke baute. Zu Herzen gehend, mit eindringlichen Nuancen gestaltet, wurde das Publikum zur Pause mit Erfrischungen in den gemütlichen Fachwerk-Innenhof gebeten.
Facettenreiches Klavierspiel
Auch nach der Pause setze sich die kluge Konzeption des Konzerts fort. Marc Unkel, Liedpianist und Künstlerischer Leiter der Carl Loewe Musiktage begrüßte das beschwingt zurückkehrende Publikum mit „Macht Ihnen das Spaß heute Abend?“ – Was einhellig mit einem „Jaaa!“ beantwortet wurde. Hier im ersten Werk nach der Pause stand endlich der Pianist im Mittelpunkt und das Publikum konnte nun mehr über Stimmführung und Eigenarten im Klavierpart von Carl Loewe erfahren: In den Liedern wechseln sich unvermutet kurze, perlende mit virtuosen Passagen ab, die den Pianisten herausfordern, rasch zu einem fast rezitativischen Spiel zu wechseln. So stützt der Liedpianist den Sänger in seinen Passagen ab. Mark Unkel meisterte dieses Denken und Gestalten in langen Bögen ebenso wie das schnelle Umschalten auf die perlenden Einschübe und steuerte so gekonnt jedem Lied zahlreiche Klangfarben bei.
Begeisterter Applaus für einen kurzweiligen, klug konzipierten Liederabend
Mit Loewes „Biblisches Lied“ für Klavier solo stimmte Mark Unkel in Chopin’scher Art balladesk gestaltet in den zweiten Teil ein. Anschließend wurde sogleich ein neuer Rückbezug hergestellt: Mit „Comfort ye“ aus dem Messias wurde wieder der Bogen von Loewe zu Händel geschlagen, eindringlich und strahlend umgesetzt von Mark Rosenthal. Es schlossen sich bis zum Ende wiederum sinnierende Loewe-Lieder an, zum Schluss wurde das Publikum mit „Die Zugvögel“ in seinen Gedanken weit über den Horizont in den lauen Sommerabend geschickt. Das Publikum jedoch forderte mit einem begeisterten Applaus eine Zugabe nach diesem kurzweiligen Liederabend. Mark Unkel und Marc Rosenthal bedankten sich mit einer eindringlichen Wiederholung von „Jerusalem of Gold“.
Bericht und Bilder: Sabine Krasemann
Das Konzert
Der Veranstalter