
11 Fragen an… Patricia Radeck
Patricia Radeck über eine Zeit ohne das Lied und das Privileg zu musizieren.
Was machen Sie tagsüber?
Arbeiten. Wenn ich zu Hause bin, singe ich, übe Texte, bereite Konzerte vor. Wenn dann noch Zeit ist, handarbeite ich. An freien Tagen fotografiere ich sehr gerne.
Literaturtipp?
Ich liebe Gedichte von Erich Fried. Goethes “Die Leiden des jungen Werther” und Hesse “Das Glasperlenspiel” gehören auch zu meinen Liebsten.
Lieblingskinderlied?
Ich liebe die Oper “Hänsel und Gretel” von Humperdinck, da sind neben der grandiosen Hexenpartie wundervolle Kinderlieder vertont, Reger hat ebenfalls Kinderlieder komponiert, die nicht so oft zu hören, aber wunderschön sind.
Persönliches Lied-Steckenpferd?
Habe ich nicht wirklich. Ich höre, was mich berührt und das singe ich auch, sofern es zu meiner Stimme und Persönlichkeit passt.
Was will ich der Welt mit dem Lied sagen?
Vor allem mit dem Lied, aber grundsätzlich mit klassischer Musik, dass Musik und musizieren eben nicht bedeutet, Radio zu hören, sich von U-Musik benebeln zu lassen und loszuträllern. Professionelles Singen bedeutet vor allem Disziplin, viel Arbeit, Empathie und Freude an dem, was man macht, dann kommt das, was man dem Zuhörer sagen möchte, auch an.
Gehen Sie Wandern? Wo? Warum?
Wandern, Spaziergänge, je nach Zeit und Muße, ich liebe alte Friedhöfe, Wälder, Berge, das Meer oder schöne Seen, aber ich entdecke gerne auch Städte, das ist ganz unterschiedlich, aber immer werden dabei Foto geschossen.
Was ist Ihnen die größte Freude beim Liedmusizieren?
Lied, Oper oder Sakralkonzert, das Allerbeste ist das gemeinsame Aussuchen, Austesten, was passt, was geht, die Grenzen ein Stück weiter legen, zusammen mit meinen beiden Lehrern ein neues Programm erstellen und in den Wochen des Einstudierens fallen manche Stücke wieder weg und andere werden ins Programm aufgenommen. Spannend ist dann, wie es sich am Ende entwickelt hat.
Graben Sie gern in Archiven?
Auf jeden Fall, wenn auch eher im Web als in Bibliotheken.
Ein Bild, eine Skulptur, das / die ein Lied verdient?
Viele und noch mehr Gedichte hätten es verdient, vertont zu werden. Eines meiner Lieblingsgemälde ist auf jeden Fall “Der erste Kuss” von William Adolphe Bouguereau.
Ihr Lieblingsort für einen Liederabend?
Oh, ganz viele, natürlich die ganzen Konzerträume, in denen man so singt, wäre man berühmt. In Florenz, im Garten einer Villa habe ich mal ein Konzert gehört, das würde mir gefallen.
Spannendstes Liedfundstück
Alle Lieder, die ich für mich entdecke, sind spannend. Mein momentanes Lieblingslied ist von Schubert, Totengräbers Heimweh, das kann morgen schon wieder anders sein.
Ritual vor jedem Auftritt?
Einfach und sicher, ich bete.
Gucken Sie Fußball?
Ja, WM und EM wenn unsere Mannschaft spielt.
Favorisierte Liedaufnahme?
Natürlich die Mozart/ Mendelssohnlieder und Regerlieder, gesungen von Barbara Schlick, “Winterreise” mit Ian Bostridge und alle Lieder, die Christian Gerhaher eingespielt hat.
Was wollten Sie als Kind später werden?
Sängerin, eigentlich Operettensängerin, weil meine Mutter nur Operette hörte. Alternativ dazu Krankenschwester oder Paramentenstickerin.
Was würde uns in einer Zeit ohne das Lied verlorengehen?
Beim deutschen Lied ganz klar unsere Geschichte, die es ja viel länger gibt als unsere traurige nationalsozialistische Geschichte, auf die wir leider immer wieder reduziert werden. Die ganzen wunderbaren Dichter, Komponisten und Maler gerieten noch mehr in Vergessenheit. Schöne Momente mit schöner Musik und schönen Stimmen gingen verloren, dem Zuhörer und Künstler, ein Stück der eigenen Fantasie.
Wie stellen Sie sich das perfekte Liederabend-Publikum vor?
Neugierig, offen für Neues und empathisch . Schafft man es, einen Zuhörer zu begeistern, hat man viel erreicht.
Ihr Rat für junge Studenten?
Musizieren und Kunst machen zu dürfen, ist ein großes Privileg, es gibt viele große Talente auf der Welt, die niemand kennt, weil sie durch persönliche Umstände, im falschen Land geboren zu sein, kein Geld vorhanden ist usw. nicht ihrer großen Leidenschaft nachgehen können. Umso wichtiger ist es, dass die, die Musik machen dürfen, professionell und respektvoll mit diesem großen Geschenk umgehen.