Musikalische Geschichten erzählen –
April 2020
Das Interview vorlesen lassen:
Mit dem Liedduo sprach Elena Sebening
Die Pianistin Ani Ter-Martirosyan und Bass-Bariton Tomas Kildišius bilden seit drei Jahren ein Liedduo. Im Gespräch erzählen sie von ihrem für 2021 geplanten Mozart-Programm und wieso das Lied für sie eine ganz besondere Bedeutung hat.
„Genauso schwierig wie die Partnersuche im Leben ist es, einen musikalischen Partner zu finden. Es ist sehr besonders bei uns, denn wir haben uns nie gestritten. Das ist echt der Wahnsinn, viele suchen lange für so etwas”, führt Ani Ter-Martirosyan aus. Sie und Tomas Kildišius arbeiten seit drei Jahren als Liedduo zusammen. Sie kennen sich von der Düsseldorfer Robert Schumann Hochschule, an der Bass-Bariton Kildišius noch immer studiert. Beide hatten Unterricht bei Hans Eijsackers, dort Professor für Liedgestaltung. Intensiv haben sie erstmalig zusammen geprobt, als es um Ter-Martirosyans Aufnahmeprüfung für den Masterstudiengang in Liedgestaltung an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln ging. Dort studiert sie aktuell bei Prof. Ulrich Eisenlohr.
“Wir haben von Anfang an keine Konflikte gehabt und produktiv zusammengearbeitet. Deswegen haben wir dann nicht nur während des Unterrichts zusammengespielt sondern auch für Konzerte und Wettbewerbe geprobt”, erzählt Kildišius. Nach vielen von der Hochschule initiierten Konzerten blicken beide gerne auf einen Liederabend in Neuss mit dem Titel “Dichterliebe” im Jahr 2019 zurück, für das es sehr positive Rezensionen gab.
Seit April 2020 sind die beiden Mitglieder in der Liedwelt Rheinland. “Es ist ein tolles Netzwerk und man kann als Mitglied viele Erfahrungen sammeln und mit Veranstaltern zusammenarbeiten. Auch der Austausch ist schön”, findet die Pianistin. “Das ist ein wichtiger Schritt für uns, den wir in unserer Karriere machen. Wir sind sehr darüber froh, mit so vielen Profis zu arbeiten und uns austauschen zu können”, ergänzt der 24-Jährige.
“Wenn ich als Liedsänger auf der Bühne stehe, bin ich ich selbst.”
Beide haben eine große Leidenschaft für das Kunstlied und proben seit Jahren verschiedene Stücke und Zyklen. “Ich studiere Gesang generell, also Oper und Lied. Das Lied ist aber das intimere Genre. Wenn man auf der Opernbühne steht, ist man ein bestimmter Charakter. Wenn ich als Liedsänger auf der Bühne stehe, bin ich ich selbst. Beide Stile sind wichtig, aber beim Lied fühle ich mich besonders gut, insbesondere in dem Dialog zum Publikum. Den Kontakt mag ich sehr”, führt Kildišius aus und betont: “Mir ist sehr wichtig, dass das Publikum eine Geschichte erzählt bekommt. Es gibt immer etwas Neues zu hören und zu erfinden.”
Mit acht Jahren ist Tomas Kildišius in einer litauischen Kleinstadt zum ersten Mal einem Knabenchor beigetreten. Mit neun Jahren besuchte er die Musikschule und war auch dort in der Chorabteilung aktiv. ”In meiner Stadt gab es jedoch nur knapp 7.000 Einwohner und in der Musikschule waren im Chor meistens nur Mädchen. Nach meinem Stimmbruch war ich dann der einzige, der eine Oktave tiefer singen musste, daraufhin habe ich mit meiner Musiklehrerin Solo angefangen und das sehr gemocht.” Das Singen wurde zu seiner großen Leidenschaft, zwischenzeitlich war er in sechs Chören und Ensembles gleichzeitig aktiv.
“In der elften Klasse habe ich mich dann gefragt, was ich beruflich machen möchte. Vieles war zu langweilig und ich wollte auf der Bühne stehen und habe sogar überlegt ob ich Schauspieler werde oder Chordirigent. Aber ich wollte was mit Kunst und Musik machen und so wurde es der Gesang – schließlich sind Opernsänger auch ein Stück weit Schauspieler. Und das war für mich die beste Entscheidung”, erzählt der Sänger.
“Für mich ist das Lied wie ein Brief vom Komponisten.”
Auch Ani Ter-Martirosyan begleitet die Leidenschaft zur Musik ihr ganzes Leben. “Ich wusste immer, dass ich etwas mit Musik machen möchte.” Mit sechs Jahren spielte sie das erste Mal Klavier und hat bis heute nicht damit aufgehört. Bis zu acht Stunden täglich probt und musiziert die Pianistin. “Von der Kindheit an spiele ich Klavier und habe mich gefragt, wie es noch schöner klingen kann und wie eine Stimme diese Melodie singen würde.” So eine Verbindung gibt es insbesondere in Liedern: “Für mich ist das Lied wie ein Brief vom Komponisten. Man versteht die Sprache des Komponisten und erkennt die intime Ebene. Mit dem Kunstlied und der menschlichen Stimme zu arbeiten ist für mich als Pianistin sehr wichtig, deswegen habe ich mich auch dazu entschieden, Liedgestaltung zu studieren.”
Außerdem sei ein weiterer Aspekt für die Besonderheit der Gattung verantwortlich: “Lied ist so speziell weil zwei große Menschen daran gearbeitet haben. Das Gedicht allein hat schon eine große Stärke die dann noch durch die Musik verdoppelt wird. Das ist eine der stärksten Formen aller Künste. Ich fühle mich sehr glücklich, dass ich genau das machen kann.” Doch auch vom gegenseitigen Austausch würde man als Duo stets profitieren: “Ich möchte immer gerne wissen, welche Anmerkungen Tomas zu meinem Klavierspiel hat”, sagt die Pianistin. Und auch der Bass-Bariton findet: “Man lernt vom Sänger und umgekehrt. Solch eine detaillierte Arbeit hat man nur beim Lied.”
Mozart-Programm anlässlich seines 230. Todestages
Im kommenden Jahr 2021 möchten sie Wolfgang Amadeus Mozart ein Programm widmen. Anlass ist der 230. Todestag des Komponisten. Aktuell arbeiten sie an einem Konzept und fügen stetig noch weitere Lieder hinzu. “Mozart ist eher Opern- als Liedkomponist, aber wir möchten die wenigen Perlen zeigen und außerdem einen Zusammenhang zu anderen Komponisten herstellen. Beispielsweise zu Schumanns oder Schuberts Liedern”, erklärt Ter-Martirosyan.
Darunter werden Stücke sein wie “Dichterliebe” von Robert Schumann und Mozarts “Der Frühling”. “Wir wollen eine Brücke schlagen mithilfe der thematisierten Sehnsucht und zeigen, wo Dichterliebe anfängt“, so die Pianistin. Auch wenn es keine direkten Kontakte zwischen den Komponisten an sich gab, soll eine Verbindung zwischen den Stücken hergestellt werden. “Mozart war ein sehr wichtiger Mensch in der Kompositionsgeschichte und viele haben sich von ihm inspirieren lassen. Ein Programm über Mozart muss nicht nur voll mit Mozarts Stücken sein, sondern kann zeigen, wie er als Wegweiser für andere gewirkt hat”, betont auch Kildišius. Beide freuen sich schon auf die gemeinsamen Konzerte und die Vermittlung ihrer ganz eigenen Geschichte: “Ich bin wie eine Brücke, die Emotionen eines Komponisten und Dichters weitergeben kann”, sagt Ani Ter-Martirosyan.
Ani Ter-Martirosyan und Tomas Kildišius, wir danken ganz herzlich für das Gespräch!